25.7.12


CSD in Frankfurt. Zum ersten Mal einen eigenen Stand. Freude. Eindrücke:
Jesses, es brauchte zwei Tage bis ich merkte, dass alle dachten, dass wir wegen dem Untertitel „Transkulturelle Kommunikation“ der einzige Transenstand auf der Infostraße seien. Auf sowas komm ich gar net.
Viel weniger Menschen als in meiner Erinnerung. So viele traurige, verunsicherte und einsame Leute. Armut sichtbarer. Politische Diskussionen kaum gefragt.
Ne Menge Geschichten gehört, in denen es um steigende Vorbehalte und Mobbing im sozialen Umfeld ging. Es scheint einen gesellschaftlichen Rollback in Bezug auf Akzeptanz unterschiedlicher Lebens- und Beziehungsmodelle zu geben.
Das Schubladendenken innerhalb der "Szenen" war deutlich für mich spürbar. Man grenzt sich ein und ab um eigene Identiäten scheinbar zu sichern. Was ein Hickhack und eine Intoleranz untereinander.  
Gleichzeitig, so komisch das jetzt klingt, erscheint mir Sexualität in allen Variationen immer noch ein absolutes Tabuthema zu sein. Der lockere und reflektierte, auch sprachliche, Umgang damit ist auch und gerade in den diversen „Szenen“ kaum selbstverständlicher geworden.
„Alter, Eros, Tod“ (ein Projekt von Senso24) ist ein mit Angst und Abwehr besetztes Thema. Es wird der Schwerpunkt unserer Arbeit in den nächsten Jahren sein.
Unterm Strich: Eine Menge gelernt und ja, immer wieder und wesentlich  provokativer als diesmal.
www.senso24.net

20.7.12


Seit 20 Jahren gibt es nun den CSD in Frankfurt und ich glaub, ich habe kaum einen davon verpasst. Ich erinnere mich noch daran wie mein kleiner Knirps auf der Bühne rum tanzte und wie ich mit Kind und Kegel lachend mit auf den Umzügen war. Es waren für mich immer die Tage, die meine Stadt wirklich zu „meiner“ machten – offen, tolerant, lebendig, bunt. Die Kinder sind nun groß, ich wohne auf dem Land und ich bin dieses Jahr zum ersten Mal mit einem eigenen Stand (Senso24/ Stand Nr. 19) dabei. So was von aufgeregt und freudig gespannt. Wie wird die Stimmung sein, wie die Leute drauf? Geht es nur um Party oder ist da auch ein Bewusstsein über die Notwendigkeit und das Ermutigende solcher Veranstaltungen in diesen kalten Zeiten?

12.7.12


Manche Menschen wandeln Schmerz in Selbsterkenntnis oder gar in Lust. Ich wandle eine bestimmte Art von Schmerz in aktive Fettzellen um.
Woran ich das merke? Deduktion: Mit jedem Gramm, das ich durch körperliche Anstrengung abnehme, öffne ich eine Tür in mir, die ich eigentlich nicht öffnen mag, weil dahinter Dinge liegen, die ich mir zwar ansehen müsste, aber nicht ansehen will. Dann heul ich und verbrenne Fett durch Tränen. Feine Erkenntnis. Und jetzt? Jetzt erhöhen wir das Trainingsvolumen und kaufen ein XXL Paket Papiertaschentücher. *snief

8.7.12


Manchmal gehe ich als erwachsene Frau meinem inneren Kind auf dem Leim und dann ist da so ein überbordend gieriges Sehnen nach bedingungsloser Liebe, nach absolutistischer Loyalität und unverbrüchlichem ZuMirStehens. Und dieses Sehnen überrollt die Frau und malt die Welt in reinem Schwarzweiß. Da diese Welt aber bunt und voller Schattierungen ist, fällt das Kind tief und weint und schreit und wütet. Es ist sehr anstrengend, das Kind wieder ein- und aufzufangen, es zu umärmeln und sanft zu wiegen. Zurück bleiben in der Frau dann Spuren von Traurigkeit und ein leises Weinen.

6.7.12


Schreiben, schreiben, Schreiberei – irgendwie bekomm ich nicht den richtigen Zugang dazu im Augenblick. Natürlich schreibe ich fast die ganze Zeit. Zettelschreiben nenne ich es: Lauter unterschiedliche Gedanken, Erinnerungen, kleine Geschichten, Stichwörter, Halbsätze. Alle wichtig, alle richtig gut. Nur, tausendundeine Baustelle, da ist nix fließend Wachsendes. Schreibblockade ist das nicht, das fühlt sich anders an. Es ist eher so, als wäre ich schwanger und das Wesen in mir könne sich weder für Geschlecht und schon gar net für Geburt entscheiden. Es kreist. Ein widerlicher Zustand, den ich weder beschleunigen noch kontrollieren kann. Ekelig. Nervend.

5.7.12


„Dann bist du voll gefressen und satt, weil du ein Teil von dem geworden bist, wogegen du dich mal voll mit jugendlich zornigem Gerechtigkeitsgefühl gewehrt und mit Freunden gekämpft hast. Und eines Tages wirst du in den Spiegel schauen und dich nicht wieder erkennen und dann wirst du kotzen vor ekelgetränkter Scham und falsche Freunde werden dir eilig den Sabber vom Mund wischen und dir noch ein, zwei Häppchen nach reichen, bevor sie dich endgültig fallen lassen."

Die Reflexion der eigenen Geschichte, das Resümee aus den eigenen Erfahrungen – dafür ist niemand verantwortlich außer dir selbst und du selbst bist Niemandem Rechenschaft schuldig. Dein einziger Maßstab ist für dich der kritische Blick in den Spiegel: Erkennst du dich noch? Liebst du dich noch? Bist das noch du, oder schaut dich da ein Fremder an?

4.7.12


„Jeder Mensch hat das Recht zwischen einer Vielfalt von gleichwertigen Lebens- und Beziehungsmodellen frei und eigenverantwortlich für sich wählen zu können. Aus dieser Wahl dürfen weder ihm noch einem anderen Menschen gravierende psychische, soziale, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder sonstige Vor- oder Nachteile entstehen."

Du darfst keine Freundin haben, die auch BDSMerin ist und ganz locker zu dieser Freundschaft stehen? Weil diese Freundin spricht ganz offen und selbstverständlich auch über diesen kleinen Teil ihrer Persönlichkeit. Öffentlich! Jesses. Was ist mit lesbisch, vorbestraft, Drogen abhängig, arm, schwarz, Moslem, schizophren, Kommunistin, etc., etc...? Gibt es da irgendwo ne Liste? Sind das Zuschreibungen, die per se ansteckend sind und du wirst dann automatisch auch dazu? Wo willst du da eine Grenze ziehen bzw. von irgendjemand für dich ziehen lassen?

Was hat meine Lebensweise und Weltsicht mit deiner beruflichen Reputation zu tun? Einfaches Beispiel: Kirchendogma: Keine Scheidung. Lässt der Pfarrer sich scheiden, fliegt er raus aus Amt und Würde. Das wusste er vorher und zu diesem Dogma hat er sich bekannt, als er diesen Job angenommen hat. Das mag man verstehen oder auch net, das ist seine Entscheidung. Aber er fliegt doch net raus, weil sein Bruder oder sein Freund sich haben scheiden lassen. Freundschaft heißt doch net, dass du automatisch alles was dein Freund/deine Freundin lebt, denkt, gut heißt, auch leben, denken, gut heißen tust. So bekloppt können net mal Verbands-Psychoanalytiker in ihrer Argumentation sein. Und sollten sie es doch sein, dann sagt es ne Menge über sie aus und über ihr Menschenbild und net über dich und mich.
Man hat mich verleugnet und verschwiegen weil ich ein uneheliches Kind war, weil ich aus der Unterschicht gekommen bin, dann weil ich Feministin, Kommunistin und dann, weil ich mit einem Ausländer verheiratet war. Und jetzt willst du mich in einer virtuellen Freundesliste verstecken, weil ich mich offen zu dem Recht auf freie Wahl der eigenen Sexualität bekenne und darüber schreibe. Ne, oder?!
Was würde denn im schlimmsten Falle geschehen? Deine Umwelt würfe dir vor, dass du mit Frau Müller befreundet seiest? Und deshalb die Möglichkeit bestünde, dass du genauso tickst wie sie? Ähm, ne gute Möglichkeit Position zu beziehen und festzustellen, dass es um dich geht und net um Frau Müller (s.o.) Aber klar, Position beziehen trägt immer auch das Risiko in sich, dass man dann eben auch mit Nachteilen dafür „bestraft“ werden könnte. Fällt unter die Rubrik Zivilcourage und vielen sau schwer.
Etwas tun, weil vielleicht in Zukunft die Möglichkeit bestünde, dass man dadurch Nachteile haben könnte, obwohl man an und für sich die Begründungszusammenhänge der Benachteiligung nicht richtig findet, das nenne ich auch vorauseilenden Gehorsam aus opportunistischen Gründen. Und vielleicht sollte man da in der Ausbildungsanalyse mal hingucken. Oh, ne, geht ja net. Dann müsste man ja vielleicht auch über BDSM reden, zumindest den bei der Frau Müller. Und darüber spricht man ja nicht, weil ein Psychoanalytiker darf ja kein BDSMler sein und, nach deiner Ansicht anscheinend, auch keine freundschaftlichen Beziehungen zu ebensolchen haben. Das ist sowas von gaga und ein saublöder Kreis, in dem du dich da begeben hast. Du. Nicht ich.

Ich bin zu alt für so einen Scheiß.

3.7.12


Okay, ich hab´s gelesen. "Shades of Grey" von E.L. James. Jesses. Es liest sich schnell und flüssig, da die Sprache net gerade, hmm, anspruchsvoll ist. "Pretty Woman" Verschnitt mit Softporno und SadoMaso/DominanzSubmission Melange. Aus eigener Erfahrung -> So sieht BDSM in der Realität net aus. Gott/Göttin, oder wem auch immer, sei Dank!

"Aber, es verkauft sich saugut, Frau Müller. Im Gegensatz zu ihren Büchern!" ... "Stimmt, die Geschichten vom Prinzen und vom Aschenputtel waren schon immer Verkaufsschlager. Da träumt sich Karlchen Schmidt zum supertollausehendinGeldsch​wimmendenimmerpotenten Dominus und Lisa Gerstenmeyer zur wildentjungfertschmaltaill​iertreinliebendhingebungsv​ollgeficktgeschlagenen Mätresse. Das kommt gut, ja. Besonders in Zeiten wie diesen."