15.5.20


Persönlicher Stressfaktor Corona

Ich gehöre eindeutig (Allergikerin, Asthmatikerin, Diabetes 2, Übergewicht, Herz, Alter) zur sogenannten Risikogruppe. Ansage meiner medizinischen Begleiter, dass ich bitteschön diesen Virus nicht bekommen solle, da er für mich lebensbedrohend sein könnte. Betonung liegt auf "könnte".

Der für mich höchste Stress in den letzten Wochen, neben finanziellen Jonglierereien und der ständigen Zerrissenheit zwischen Selbstfürsorge und beruflicher Verantwortung, die zwar nervend, aber letztendlich händelbar sind, ist, dass mich jetzt jede körperliche Befindlichkeitsstörung, jeder Infekt, jede Reaktion auf Pollenflüge, jede ausufernde Bronchitis, jedes Zipperlein sofort in eine unverhältnismäßige Furcht schleudert. Ist das nun schon Corona? Muss ich ins Krankenhaus? Stehe ich mit einem Bein schon im Grab? Bäh! In solchen Momenten tanzt die innere Dramaqueen freudig kreischend im Quadrat und der Verstand sitzt muffelnd in der Ecke. Unerfreuliche Nebenwirkung: Das Ausbalancieren dieser Zustände kostet Kraft, die Körper und Seele eigentlich für die Heilung der aktuellen körperlichen Störungen bräuchte.

Es nervt, nervt, nervt!

*Anmerkung
Warum ich das hier schreibe? Ist doch eher Jammern auf höchstem Niveau, oder? Klar ist es das. Was aber nichts daran ändert, dass das subjektive Leidensgefühl ernst genommen werden möchte. Und sollte. Darum schreibe ich drüber. Als Ermutigung und Anregung für andere, kurz inne zuhalten und über die eigenen Inneren Zustände in diesen Zeiten zu reflektieren. Nichts wegdrücken. Sich nicht selbst belügen. Holt einen sonst später doch nur ein.

11.5.20



"Wer Angst hat, soll zu Hause bleiben." hin gerotzt von einem Herrn Kubicki im TV.

Sehr geehrter Herr Kubicki, ich kenne eine Menge Menschen, die gerne zu Hause bleiben würden, eben weil sie zu den Risikogruppen gehören und ihnen ihre Ärzte sagen, dass, wenn sie sich mit Corona infizieren würden, es mit höchster Wahrscheinlichkeit ihr Tod sein könnte. Sie bleiben aber nicht zu Hause, weil sie sonst ihre Mieten und ihre Lebenshaltungskosten nicht mehr begleichen könnten; weil sie sich in ihrem Beruf für andere Menschen verantwortlich fühlen; weil sie der Gesellschaft nicht auf der Tasche liegen wollen und aus vielen Gründen mehr. Also gehen sie zur Arbeit. Tag für Tag. Innerlich zerrissen von dem Anspruch auf Selbstfürsorge, ihrem sozialen Verantwortungsgefühl und ihrer Angst.

Ihr Spruch oben ist ein Schlag ins Gesicht dieser Menschen, Herr Kubicki. Schlichtweg ein arroganter Arschlochspruch von einem Menschen, der von der Lebensrealität sehr, sehr vieler Menschen meilenweit entfernt vor sich hindümpelt. Schämen Sie sich!

10.5.20


„Wir leben in einer Diktatur! Deshalb habe ich gestern dagegen demonstriert.“

„Du lebst aber noch, oder?“

„Klar.“

„Bist körperlich unversehrt und nicht im Knast?“

„Ja sicher.“

„Deine Familie wurde auch nicht wegen deiner Teilnahme an der Demo von Polizei oder anderen Staatsorganen behelligt?“

„Natürlich nicht!“

„Und du kannst auch offen und frei über deine Teilnahme in den sozialen Medien und in deinem sozialen Umfeld berichten?“

„Also hör mal, natürlich! Wo denken Sie, leben wir denn?“

„Eben! Wir leben ganz, ganz sicher nicht in einer Diktatur!“