25.10.12

In einem Forum eine Diskussion über die Botschaft des "Opferfestes". Ich weiß ja net, ich weiß ja net. Man könnte die Geschichte von Abraham ja auch anders lesen: Gott sagt: "Du liebst mich und ich liebe alle Menschen. Darum prüfe ich dich. Jetzt." ... Action ... "Wie kannst du Gehorsam über die Liebe stellen, alter Mann? Wie kannst du mir unterstellen, dass ich von dir erwarte einen Menschen zu töten, den ich liebe, genauso wie ich dich liebe. Dein Gehorsam schmälert die Liebe zu mir und dein Vertrauen in mich. Darum wirst du es lernen in all den kommenden Jahren und Jahrhunderten. Und deshalb lerne als ersten Schritt: Höre auf Menschen zu opfern! Ich will diese Art von Opfer nicht! Du sollst nicht töten!" ... ... ... Als Kind gefiel mir diese Version einfach besser. Aber, man reitet ja lieber ausdauernd auf dem Gehorsamsedikt rum. Gehorsam und Liebe - nenene, das geht für mich einfach nicht zusammen. Da gibt es keine Kausalitäten. Punkt.
Da lass ich mich gegen Grippe impfen und acht Stunden später liege ich mit einem Hammerinfekt danieder. Das macht jetzt aber keinen Sinn.

Ein Schnupfen hockt auf der Terrasse,
auf dass er sich ein Opfer fasse
- und stürzt alsbald mit großem Grimm
auf einen Menschen namens Schrimm.
Paul Schrimm erwidert prompt: „Pitschü!"
und hat ihn drauf bis Montag früh.
Christian Morgenstern
(1871-1914)

24.10.12


Eine emotionsgeladene Diskussion um das Für und Wider der Gleichstellung von Glockengeläute und dem Ruf vom Minarett. Da erregten sich die Gemüter bis zum Speichelfluss und ich saß staunend dabei. Ach, ich bin da wohl viel zu pragmatisch, manche nennen es naiv: Weder das Bimmeln der Glocken, noch der Ruf des Muezzin, noch sonst ein kultisches Herbeirufen von Gläubigen jedweder Art stören mich, wenn sie mit Selbstverständlichkeit und gegenseitiger Akzeptanz erschallen. Eine bunte Vielfalt, die mich eher erfreut, erinnern sie mich doch daran, dass es mehr gibt als nur Hetzen und Hasten in meiner Welt. Stören tun mich dagegen Verkehrslärm, über meinen Kopp rasende Flugzeuge, sinnlose Licht- und Lärmbeschallung zur Konsumförderung und Ähnliches. Wenn wir dagegen gemeinsam anglocken, rufen, singen würden, fände ich das wunderbar ermutigend

2.10.12


„Frau Müller, warum wollen Sie in Ihrem Alter und mit Ihrer beruflichen Reputation noch einmal in einer Krabbelstube arbeiten?“
„Genau aus diesen Gründen. Beides, mein Alter und meine beruflichen Erfahrungen erlauben es mir, mich völlig ungezwungen im Jetzt zu bewegen. Ich muss mir und anderen nichts mehr beweisen, ich stehe nicht in Konkurrenz um irgendwelche Pöstchen mit meinen Mitarbeiter (innen), ich muss diesen Job nicht machen, weder aus finanziellen, noch aus anderen Gründen. Ich will es einfach nur. Sehen Sie, ich habe jetzt quasi eine Generation von klein auf bis ins junge Erwachsenenalter begleitet. Vieles von dem, was ich vor zwanzig, dreißig Jahren nur aufgrund von Überlegungen und Überzeugungen in der außerhäuslichen Kinderbetreuung vertreten habe, kann ich heute durch langjährige reale Erfahrungen relativieren oder untermauern. Mein Alter verschafft mir zudem einen besonderen Status: Man hört mir zu. Ich stehe nicht im Wettkampf mit jungen Müttern und Vätern um die besseren Erziehungsmethoden oder Ähnlichem. Besonders die Väter nehmen mich ernster als damals als junges Ding. Und da ist über all die Jahrzehnte so ein tiefes Wohlwollen in mir gewachsen. Davon möchte und kann ich weitergeben und zwar genau da, wo es dringend gebraucht wird.
„Aber warum gerade den Krabbelstubenbereich?“
„Hier fängt alles an. Die ersten drei Lebensjahre sind so grundlegend ausschlaggebend. Die Basis für alles danach. Als Therapeutin gehe ich immer wieder mit meinen Klienten in diese Zeit zurück. Jetzt werde ich für einige Zeit noch einmal ganz real und konkret jeden Tag mit diesen kleinen Menschen zusammen leben. Auch dies wird wieder manches in meiner Arbeit mit den Erwachsenen relativieren und deutlicher werden lassen. Eine wunderbare Situation, von der so viele Anteile in mir profitieren werden. Es macht mich glücklich und das ist doch eine der besten Voraussetzungen für eine sinn- und liebevolle Arbeit mit Kindern und Eltern in diesen Zeiten, oder?“
"Werden Sie weiterhin als Therapeutin arbeiten und auch Texte schreiben?"
"Aber sicher doch, das eine schließt das andere doch nicht aus. Im Gegenteil."