26.9.17

„Ich habe die gewählt, weil bei uns in den Dörfern gibt es ja gar nichts mehr. Bäcker zu, Friseur weg, Metzgerei dicht und den Supermarkt und die Apotheke kannst nur mit dem Auto erreichen. Das ist doch kein Leben. Jetzt wird sich da endlich einiges ändern!“

Genau, ich sehe es bildhaft vor mir, wie jetzt das blühende Leben ausbricht bei euch: Der Gauland macht den Metzger, die Weidel die Friseuse, der Meuthen schmeißt den Supermarkt und der Poggenburg gibt den Apotheker. Und wenn das noch nicht blühend genug ist, dann kömmt die Störchin am Wochenende und rockt die fahrende Üxx Disko. Alles wird gut. Jetzt.“

So, oder so ähnlich.  

25.9.17

"Frau Petry will nicht der AfD-Fraktion angehören."

"Sack Reis. China?"

"Sie klingen genervt, Frau Müller."

"Ja, die Dame geht mir auf den nicht vorhandenen Sack. Und weil ich jetzt eh schon so am rum Pöbeln bin, auch das noch -> Ein Stück Scheiße bleibt trotz neuem Anstrich immer noch das, was es ist: Ein Stück Scheiße."

"Unterste Schublade, Ihre Argumentation!"

"Ach ja? Dann mal ernsthaft: In der Nacht ist ihr das eingefallen? Sie verarscht doch die Leute, die sie gewählt haben. Und auch das: Sie geriert sich jetzt als weniger rechts, als ihre Parteiführungskolleg*innen und geht damit hausieren. Aber! Mit dem Rassismus und dem "Rechts" Radikalsein ist es wie mit dem Schwangersein: Da gibt es nicht ein bisschen mehr oder ein bisschen weniger. Die Dame Petry ist Rassistin und ist rechtsradikal, Fraktionsmitglied hin oder her. Oder hast du schon vergessen, was die alles in den letzten Jahren so von sich gegeben hat?"
Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass die Sorgen der besorgten Bürgerinnen und Bürger, wenn man sie sich denn geduldig und aufmerksam bis zum Ende anhört, eben nicht die ausländischen Mitbürger*innen und/oder deren jeweilige Religionszugehörigkeit sind, sondern ganz reale Dinge wie Gesundheitssystem, Mindestlohn, Alterssicherung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Chancengleichheit, Wohnungsmarkt, Arbeitsmarkt, Einkommensverhältnisse, Teilhabe, Abstiegsangst, Schulsystem, Verarmung, etc., etc., sind. Und ich denke, dass sie wirklich das Gefühl zu recht haben, dass das in der Politik so richtig niemanden interessiert. Und genau das macht mich so zornig, weil sie alle auf diesen von der AfD hingeschissenen Zug aufspringen, um ja nicht Gefahr zu laufen, das System, das all diese unerträglichen, realen Zustände für viele Menschen produziert, in Frage zu stellen.

24.9.17

W wie Wahl

Wenn Wählende wirklich wählen wagen würden, wären Wahlen wahrscheinlich wesentlich wahrhaftiger.

Wissende wählen wider widerspenstige Widerstände.

Wägender Wählerwille wirft wortgewaltige Wahlversprechen wider weichgespülte Wände.

Wahlgewinner wählen widerspruchsfrei währungsstarke Wegbegleiter.

Wahlgeschenke werden wohlbedacht wählend weitergereicht.

Wahlhelfer? Worte weich wie Wachs.

Wen wählen wir? Wahrscheinlich wessen Worte weitaus weiser wirken. Welche Weise? Welchen Worten widersprechen wir?

Womöglich werden wir wacher werden. Wann? Wenn wilderer Wind weht. Wenn Willkür Weggefährten wegsperrt. Wenn wir weinen, weil wir wahnsinnig werden, wegen wütend wahlloser Wut.

Wählen wir Wirklichkeiten? Wir wählen Wahrnehmungen.

Wahlen wirken wohlig wärmend, während weit weg wuchernde Widrigkeiten wachsen.

Weitere Worte wären würdigender Wahnsinn. 

22.9.17

„In zwei Tagen sind Wahlen. Alles gut bei Ihnen, Frau Müller? Nervös?“

„Eigentlich bin ich nur erschöpft und traurig und verfange mich in all den Erinnerungen der letzten Jahrzehnte und so viele gute, aufrechte Menschen, die sich immer wieder und wieder für ein "Nie wieder!" ringend eingesetzt haben, wandern durch meinen Kopf. Es braucht viel Kraft, da bei klarem Verstand zu bleiben und das Gute und Richtige nicht aus den Augen zu verlieren.“

19.9.17

"Solidarität gegen Diskriminierung ist eine Frage des humanistischen Prinzips. Sie setzt nicht voraus, dass man von den Diskriminierten hofiert wird."
(Florian Ernst Kirner)

Das gilt es zu verstehen. Nur weil einige, vor allem auch noch bei FB, normale Kommunikationsregeln nicht einhalten und mangels sachlicher Argumente zu Beleidigungen greifen, tangiert das nicht das Solidaritätsprinzip für mich. Das eine hat mit dem anderen in meiner Welt so gar nichts miteinander zu tun. Gegen Beleidigungen grenze ich mich ab und wenn es zu heftig und persönlich wird, dann wehre ich mich. Wenn nötig auch mit Strafanzeige. Das ändert nichts daran, dass ich mich trotzdem mit dem Anliegen auch dieses Menschen solidarisiere, wenn ich das Anliegen prinzipiell für richtig halte. Ja, man könnte dies Humanismus nennen, oder sonst ein Etikett aufkleben. Ich nenne es einfach eine logische Selbstverständlichkeit.

7.9.17

Ich finde ja, dass jeder (m/w), der sich als Kandidat für eine politische Wahl aufstellen lassen möchte, vorher einen Grundkurs zur Entwicklung und zu den konkreten Inhalten von Grundgesetz, Menschen- und Kinderrechten und zu den wichtigsten UN Konventionen ablegen müsste. Mit abschließender Wissens und Verständnis Prüfung. Durchgefallen? Pech gehabt.
Ermutigung zur Lebensfreude. Auch und gerade in diesen Zeiten. Wieder und immer wieder. Sich daran erinnern und es wiederholen:

Das eigene Leben genießen. Jede Stunde, jede Minute, jede Sekunde wach und bewusst das eigene Leben mit allen Sinnen goutieren. Das darfst du. Das solltest du.

Sicher, die Welt ist nicht nur schön. Es gibt so Vieles, was im Argen liegt, so viel Leid, Elend, Schmerz und Tod. So vieles zu verbessern, zu verändern, neu zu gestalten.

Es gibt tausendundeinen Grund traurig und zornig zu sein.

Aber es gibt auch ein unschlagbares Argument, der für diesen Genuss des eigenen Lebens spricht:

Nur so, und wirklich nur so, bekommst Du die Kraft und die Energie wieder und wieder gegen den Strom zu schwimmen und den Mund aufzumachen und „Nein!“ zu sagen bei Unrecht und Ungerechtigkeit.

Nur so kannst Du wieder und wieder aufstehen und Dich mit allem was Du bist für Dich und andere einzusetzen. Nur so kannst Du den blutigen Windmühlenflügeln mit der Musik Deines Lachens einen neuen Rhythmus beibringen.

Und nur so wächst und gedeiht Deine Gewissheit, dass das Leben wunderschön ist und die Welt besser wird, weil Du so bist, wie Du bist und weil Du Dich einbringst, kämpfst und Dich mit Deinem eigenen Leben für die Schönheit des Lebens wieder und wieder verbürgst.

Also, genieße Dein Leben, auch und gerade in den widrigsten Momenten! Tanze, singe, weine, schreie, zerberste vor Liebe und vor Zorn und vor allem schmeiß Dein helles Lachen und Kichern in diese Welt des Leidens und des Schmerzes. Es ist ansteckend.

Dein Lachen heilt. Dich und andere.


4.9.17

Einer meiner Glaubenssätze:

Die Würde des Individuums bleibt konstant, während der Wert und die Angemessenheit seiner inneren Glaubenssätze und / oder seines äußeren Verhaltens in Frage gestellt werden können. 

Für mich die Grundlage jedweder menschlichen Gemeinschaft, die von Achtung und Respekt gegen über sich und jedem anderen menschlichen Wesen geprägt ist. Jedes Individuum hat seine eigene, unveräußerliche und nicht wegzudiskutierende Würde, ganz egal, wie sehr ich mich in meiner Welt von seinem Tun und seinem Denken auch abzugrenzen mag.

Das ist manchmal ganz schön schwer in der Praxis durchzuhalten und ich habe lange Kämpfe mit mir führen müssen und führe sie immer wieder im Kontext von Opfer- Täterdiskursen. Gewähre ich zum Beispiel einem Folterer die gleichen Rechte, die gleiche Achtung seiner menschlichen Würde wie einem Folteropfer? Oder, viel einfacher, kann ich jemanden in seinem AndersSein akzeptieren und trotzdem sein konkretes Denken und Verhalten abgrundtief verachten und mit aller Kraft dagegen angehen? Ist das so, kann ich das? Ein permanentes Ringen. Hier scheidet sich für mich die Spreu vom Weizen.