Heute Nacht habe ich mich an meinen ersten Besuch in der
Türkei Anfang der siebziger Jahre erinnert. Wie jung war ich und wie naiv. In Van
(wie kommt man nur auf so ne Idee, da mit nem VW Bus hinzureisen? Jung,
unbekümmert, neugierig) hatten wir einen freundlichen älteren Herren, dem ein
kleines Ladengeschäft gehörte, in dem wir einkaufen wollten, kennen gelernt und
gingen dort öfters hin um plaudernd einen Tee zu trinken. Eines Abends waren
viele aufgeregte Leute und große Autos vor dem Geschäft und als ich mich nach
vorne durchgekämpft hatte, sah ich, wie martialisch aussehende Typen meinen
Bekannten mit Gewalt zu einem Transporter schleppten. Er blutete am Kopf und
konnte kaum laufen. Ich war so empört, so entsetzt, dass ich auf sie zu rannte
und wissen wollte, was denn los sei und verlangte, dass sie gefälligst stehen
bleiben und mit mir reden sollten. Ich bekam nen Schlag ins Gesicht, und, passt
auf, ich schlug reflexartig zurück und schrie dabei wohl, dass sie mit mir so
nicht umgehen könnten, denn ich sei Deutsche und solche Auftritte seien ja wohl der Hammer an
Unrecht. *andenkoppklatschend. Boah, war ich kindisch damals. Nachdem ich noch
ein paar Schläge abbekommen hatte und mich immer weiter in meine Empörung
hinein steigerte, zogen mich mehrere Frauen einfach weg und eine hielt mir schlicht
den Mund zu. Ich denke, ich hatte Glück damals. Unseren Bekannten haben wir
nicht wieder gesehen. Meine kindliche Empörung ist seitdem jedoch nie verebbt, Strategie
und Taktik im Umgang mit solchen Situationen haben sich allerdings danach sehr schnell
verfeinert. Das war ganz tief in meinem Gedächtnis vergraben, die Geschehnisse
in der Türkei von letzter Nacht haben es wohl hoch gespült und jetzt treiben die
Bilder mich um und vermischen sich mit den Bildern aus Istanbul. Dabei wird mir
wieder einmal klar: Es ist mir egal, wer da gerade an der Macht ist, welcher „Seite“
da jemand angehört. Wer da meint die Wahrheit gerade für sich gepachtet zu
haben. So geht Mensch mit Menschen nicht um. Es ist Unrecht, schlicht und
einfach nur Unrecht. Damals wie heute. Hier wie dort und dort und dort.
"Es gibt ein
Schweigen, das lügt."
Es gibt keine akzeptablen Gründen mehr da nicht
eindeutige Position zu beziehen. Für niemanden. Ich verlange von meinen
politischen "Vertretern", dass sie endlich klar, öffentlich und
eindeutig Position beziehen. Welche auch immer das nun sei.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen