Dann mach doch was anderes!
Was mich ankotzt und was mich wütend macht, sind Kommentare
in dieser Art:
"Du musst diese Arbeit ja nicht machen, wenn es dir zu
wenig Geld ist."
"Du musst doch nicht in diesem Loch wohnen, such dir
eine andere Wohnung."
"Du bist doch selbst dran schuld, wenn du nur ALG II
bekommst, geh halt arbeiten."
"Wenn du nicht
genug Geld hast für gute Lebensmittel, dann iss halt weniger."
"Wenn es dir auf der Straße schlecht geht, dann wohne
halt in ner Wohnung."
"Wenn es dir so schlecht geht, dann höre doch einfach
auf zu trinken!"
Etc., etc., etc..
Es ist immer eine anmaßende, von oben nach unten
Argumentation, die der realen, individuellen Lebenswelt des Angesprochenen in
keiner Weise gerecht wird. Ja, man könnte sogar sagen, das Gegenüber wird
überhaupt nicht wahrgenommen. Es ist so arrogant (die bösartige Form von
Arroganz) und widerlich, und zeigt lediglich, dass die reale gesellschaftliche
und soziale Situation in diesen Zeiten in Gänze völlig ausgeblendet wird.
Warum argumentieren Leute so? Ich vermute, es hat mit
Abgrenzung zu tun, mit der eigenen Angst vor dem Abstieg, mit Ignoranz und
Blasiertheit, mit Dummheit und mit diesem klitzekleinen Moment, in dem man sich
selbst erhöhen kann, indem man dem anderen Schuld zuschiebt.
*Anmerkung
Damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Ich bin eine
vehemente Anhängerin der Haltung "Setz deinen Arsch in Bewegung und
übernimm Verantwortung für dein Leben!". Aber!, und dieses Aber ist ein
fettes, es gibt Systeme, Strukturen, Lebensumstände, gesellschaftliche Zwänge,
die es schwierig machen, das eigene Leben locker auf die Reihe zu bekommen. In
solchen Fällen habe ich Verständnis, solidarisiere ich mich, begleite und suche
Ansätze, wo man, wie man an den nicht beeinflussbaren Schrauben doch noch etwas
ganz individuell drehen könnte. Ich käme nicht auf die Idee da Schuld im
Gießkannenprinzip zu verteilen.
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