„Sie haben aber auch nicht viele politisch organisierte
Leute auf ihrer Freundesliste, Frau Müller. So wird das nichts mit Ihren
Netzwerken.“
„Sie irren sich. Alle meine Bekannten sind in irgendeiner
Art und Weise höchst politisch unterwegs. Die eine rettet Tauben, der andere
Kinder. Die eine pflegt ihre Mutter, der andere kauft für die Nachbarin
wöchentlich mit ein. Der eine organisiert Kinderfeste, die andere begleitet
Menschen aufs Amt. Die eine hat immer ein offenes Ohr, der andere hilft dem
kranken Bauer die Ernte einzubringen. Die eine bietet Busfahrten in die Stadt
an, der andere zu Demos gegen rechts. Der eine ist bei der freiwilligen
Feuerwehr, die andere macht täglich Krankenbesuche. Der eine holt die Kinder
der kranken Nachbarin vom Kindergarten ab, die andere hängt Obst an den
Gartenzaun … . Könnte ich als so weiter machen.“
„Ein sehr altmodisches Bild von politischer Arbeit, Frau
Müller!“
„Alt? Nein, das ist die Basis von allem Guten in meiner
Welt. Ohne diese Menschen gäbe es nichts, für dass es sich lohnen würde zu
kämpfen und zu streiten. Sie sind der Boden und die Wurzeln jedweder
organisierten politischer Arbeit. Berufspolitiker wie Sie vergessen das oft und
immer öfter, oder hatten gar nie einen wirklichen Zugang dazu. Darum wird das
auch nichts mit Ihrer Partei.“
„Wir haben sehr viel erreicht in den letzten Jahren!“
„Ja klar. Gesichertes Einkommen vom Feinsten, neues Auto,
dreimal Urlaub im Jahr. Und die Frau Gemahlin trägt nur noch Designerklamotten.
Oh, ich denke, Ihr Haus ist jetzt auch bald abgezahlt, oder?“
„Jetzt werden Sie aber persönlich, Frau Müller!“
„Politik ist immer persönlich. Immer!“
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen