Als ich jung war, also so vor um die paarundvierzig Jahre,
da bin ich durch ganz Europa getrampt. Meistens alleine, manchmal habe ich mich
für ein paar Wochen einer Gruppe junger Leute angeschlossen. Überall wurde ich freundlich
aufgenommen und mit Respekt behandelt. Ich glaub, ich war ein niedlich naives strahlendes
Wesen, völlig unbekümmert und zutraulich. Wenn mein Geld all war, habe ich mal in
einem Geschäft, auf einer Plantage oder in der Weinlese gearbeitet. Für
Überfahrten habe ich auf den Schiffen die Klos geputzt. Vielleicht war es
einfach nur Glück, aber ich habe mich immer beschützt gefühlt. Und nein, es
waren nicht nur die „armen“ Leute, die das Wenige mit mir teilten. Sozialromantik
lag mir schon damals nicht. Es waren halt einfach Leute, aus ganz
unterschiedlichen Herkünften, die grundsätzlich freundlich zu mir waren. Ich
habe eine Menge gelernt in diesen Zeiten. Das Wichtigste war: Ländergrenzen waren
total irrelevant, denn die Geschichten, die ich in Portugal, Griechenland,
Türkei, England, Italien hörte (ja, irgendwie schien ich schon damals die Leute
einzuladen, mir ihre Geschichten zu schenken) ähnelten sich: Es ging um
Freundschaft, Familie, Kinder, Arbeit, Glück, Ungerechtigkeiten, Liebe und den
Tod. Ich lernte: Wir sind ganz unterschiedlich und doch so gleich in unseren
Träumen, Sorgen, Wünschen, Ängsten und dem Glück. Und wir lieben alle Musik und
wir lachen und wir weinen bei den gleichen Stücken. Ja, ich denke, diese
Erfahrungen haben mich auch geprägt.
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