„Frau Müller, immer hacken Sie auf der Kirche rum, wenn es
um Gewalt und sexuellen Missbrauch geht. In alternativen Projekten und Zirkeln
gab es das doch auch!“
„Sind Sie so deppert, oder tun Sie nur so in ihrem
unsäglichen Drang zu relativeren? Wenn es um Gewalt und Verbrechen an Kindern
geht, sind Religionszugehörigkeit, Parteibuch oder politische Weltanschauung
ebenso keine ein- oder ausschließende Kriterien wie Herkunft, Status,
Geschlecht, Alter. Das geht durch alle gesellschaftlichen Schichten und Räume.
Keine Ausnahmen. Gar keine.
Die katholische Kirche steht zurzeit wegen des
Abschlussberichtes im Fokus. Auch deshalb, weil diese Beispiele erlauben
aufzuzeigen, wie Schweigen und Vertuschung in einer großen gesellschaftlichen
Institution es ermöglichen über einen langen Zeitraum die Täter zu schützen. Quasi
Laborbedingungen in der Feldforschung. Relativiert wird dadurch jedoch gar
nichts. Im Gegenteil. Gerade der Umgang und die Vorgänge in der Katholischen
Kirche geben aufschlussreiche Hinweise auf Täterprofile in allen anderen
gesellschaftlichen Bereichen: Nichts, aber auch gar nichts verhindert, dass ein
Mensch Gewalt gegen Kinder ausübt und/oder seine sexuelle Gier an ihnen
austobt. Es geht ihm, dem Täter nur um die Befriedigung seiner Macht, seines
Sadismus und seiner krankhaften sexuellen Bedürfnisse. Das sind die Grenzen
seiner Wahrnehmung, darauf ist sein ganzes bewusstes und unbewusstes Verlangen,
Streben und Trachten hin kalibriert. Und dafür sucht er sich Strukturen, die
ihm dies mit möglichst geringer Gefahr für seine Person erlauben auszuleben.
Das können kirchliche Institutionen sein, Schulen, Sportvereine, Wohnprojekte,
Heime, Kindergärten, Jugendhäuser, Internet… und, und, und … und vor allem auch
die eigenen Familienverbände. Überall dort eben, wo ihm Kinder als Abhängige
anvertraut sind oder wo er leicht Abhängigkeitsverhältnisse herstellen kann. Die
katholische Kirche hat da kein Alleinstellungsmerkmal und ist nur ein
Schauplatz unter vielen anderen.“
*Anmerkung
„Der“ Täter? Er? Es gibt auch Täterinnen. Auch und gerade in
den familiären Strukturen. Ja. Aber, mal ganz ehrlich, wenn ich mich weltweit
umschaue, mir die konkreten Daten und die Vorgehensweise, die Taten selbst
anschaue, dann ist es doch ein überwiegend männliches „Problem“. Da ständig zu
relativieren mit dem Totschlagargument „Es gibt aber auch Frauen!“ schützt die
Täter. Sonst nix.
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