Meine Texte dazu und viele Links zu Hintergrundinformationen findet Ihr seit August 2015 auf meinem Blog:
http://menschenfreundlich.blogspot.de/
22.8.15
„Es gibt nur einen Grund etwas zu verändern: Du hältst es
einfach nicht mehr aus.“ Aber ach, manche haben es sich so bequem im eigenen Leiden
eingerichtet. Es riecht und schmeckt so heimelig heimisch dort. Dann kann man
die Hand, die einem gereicht wird, gar nicht mehr wahrnehmen, denn sie versinkt
in den schwammigen Mauern rund um die eigen vermeintliche Komfortzone. Es macht
mich für einen Moment traurig, doch Energie, die Mauern aktiv einzureißen,
verschwende ich nicht mehr. Ich sende, vielleicht, ab und an Rauchzeichen mit
dem Tenor: Ich bin da, wenn du es willst. Mehr nicht.
15.8.15
Es ist einfach nur geil Oma zu sein. KleinMadame kommt
etwas früh, aber ihrer individuellen Entwicklung gut angepasst, in die erste
Autonomiephase. Ein "Nein" kickt die linke Gehinhälfte von jetzt auf
gleich in den Sparmodus und Empörung breitet sich wie eine Flut aus. Drama hoch
zehn. Zum Beispiel beim Einkaufen. Kreischen in höchsten Tönen, Tränen und dann
die bösen Blicke von Miteinkäuferinnen. Mutter kommt langsam in Hektik. Oh, ich
erinnere mich. Ich kenne das. Aber Oma, die Oma kann ganz in ihre Ruhe gehen
und mit Gelassenheit der KleinMadame verrückte Dinge zuflüstern: "Oh ja,
ich kenne das, wenn auf einmal dieses blöde "Nein" auftaucht und sich
dir in den Weg stellt. Diese doofe Welt hat bisher doch immer gemacht, was du
wolltest und jetzt auf einmal gibt es da und da und dort das "Nein".
Da kann man richtig wütend werden. Und dann muss man schreien, damit die Wut
kleiner wird. Und du schreist so schön. Hör mal, die Oma kann überhaupt nicht
so toll schreien wie du..." Kicksender Schreiversuch meinerseits. Jetzt
gucken mich die Leute an, als sei ich deppert. Aber, ich bin alt, ich darf das.
Und Kind ist total erstaunt und Schwupps haben wir ein neues Thema: Wer schreit
schöner... laut ... lauter ... leiser ... noch viel leiser. ... Alles wieder
gut dann.
10.8.15
Mir bekannte Blogger hören auf gegen Fremdenhass und
Rassismus zu bloggen, weil sie und ihre Familien ganz konkret und real von
rechten Arschlöchern bedroht werden. Und die Masse schweigt. Die Politiker
verpissen sich oder instrumentalisieren die „besorgten BürgerInnen“ zur Erhaltung ihrer eigenen kleinen Pöstchen und
Pfründe. Das treibt mich um. Dieses Kapitulieren. Auf der einen Seite kann ich
es nachvollziehen, auf der anderen Seite schießen mir tausend Bilder durch den
Kopf: Freunde, die im Iran starben; die Kämpfer aus Griechenland; das
schweigende Zusehen beim Abschlachten in Ruanda oder in Sarajewo; die Toten in
Palästina; damals die Menschen in Chile, heute in Syrien… und, und, und … so
viele unterschiedliche Bilder … eine Flut von Menschen, die ich oft persönlich
kannte, rast durch meinen Kopf … Menschen, die nicht aufgegeben hatten für ihre
Überzeugungen laut und deutlich die Stimme zu erheben … wieder und immer wieder
… und die mit ihrem Tod dafür bezahlten. Oh, es ist anmaßend, ich weiß. Ich
gehöre zu der Generation, die eigentlich im eigenen Land bei freien
Meinungsäußerungen nie mit ihrem Tod, meistens nicht mal mit körperlichen
Verletzungen bedroht war. Ja, ich verstehe diese Angst und diesen Rückzug, wenn
es um Familie und das eigene Leben geht. Das Leben. Aber, das Leben ist nicht
so. Nicht für die Mehrheit der Menschen
auf er Welt. Da gehören Gewalt und Todesängste zum täglichen Brot. Ja, es macht
Angst, wenn da so ein durchtrainierter Idiot sich vor einem aufplustert und du
siehst in seinen Augen, dass er bereit ist dich zusammen zu schlagen und ihm
dein Leben nicht einen Pfifferling wert ist. Ja, das macht Angst. … Aber, das
Schweigen, dieses Schweigen aus Angst, das macht mir noch viel mehr Angst. So
viel mehr.
Es ist nicht rund in mir. Noch nicht. Aber mein Bauch
sagt mir, wider alle Vernunft, aufhören ist falsch. Ganz und gar falsch.
9.8.15
Meine Unwörter des Tages: „sonst“ und „dann“. Sehr
beliebt im Umgang mit Kindern: „Wenn du nicht sofort dies oder das, dann
passiert dies oder jenes!“ oder „Du machst jetzt dies oder das, sonst passiert
dies oder jenes!“ Aus pädagogischer
Sicht die absolute Einbahnstraße, weil keine Einsicht ins verlangte Tun
gefördert wird, sondern Angst vor Strafe die Motivation des Tuns sein wird. Aus
psychologischer Sicht der Dünger für den pathologischen Gehorsam, die Wurzeln
des Autoritären Charakters mit dem ganzen Rattenschwanz dran. Aus
physikalischer Sicht unproduktiv, denn Druck erzeugt immer Gegendruck. Aus ganz
individueller Sicht eine totale Überforderung mir merken zu müssen, was alles
hinter dem „dann“ und „sonst“ folgte und für dessen direkte und konsequente Umsetzung
zu sorgen.
Mir spontan einfallende Alternativen: Wenige!, immer
wieder (selbst)kritisch überprüfte Regeln, über die, entsprechend dem
Entwicklungsstand des Kindes, nicht diskutiert wird, da es zu einer rationalen
Einsicht/Umsetzung gar nicht in der Lage wäre. Beispiel: "Die Straße
überqueren wir Hand in Hand."
Durch Vorbild und Erzählungen/Geschichten erwünschte
Verhaltensweisen interessant machen. Entsprechendes Verhalten, auch die
kleinsten Schritte in diese Richtung, toll, klasse, wunderbar finden und das
auch kommunizieren.
Sich überlegen, wie
durch eine mitwachsende Anpassung des gemeinsamen Lebensraums auf das
kindliche Vermögen und seine Fähigkeiten eine Menge WennDannSonst einfach gar
nicht auftreten können.
Sich immer wieder
die Fragen stellen: "Was (und vor allem warum) soll das Kind gerade
lernen? Was lernt es jetzt wirklich?" Lernt es gerade eine neue
Fähigkeit/wird im Gebrauch einer solchen ermutigt oder lernt es Gehorsam,
Unterwerfung, Schuld?
Offen und kreativ die WennDannSonst Sätze einfach aus
dem eigenen Sprachgebrauch streichen. Das macht richtig Spaß.
7.8.15
Heute Morgen im Freibad ist mir mal wieder aufgefallen,
dass manche Erwachsenen einen Ton und eine Ausdrucksweise ihren Kindern
gegenüber drauf haben, die ich mir von niemandem gefallen lassen würde. Schon
gar nicht in der Öffentlichkeit. Das ist so verletzend. Und ich stelle mir vor,
wenn dies schon der normale Umgangston in einer doch recht entspannten
freizeitvergnüglichen Situation ist, wie gehen die dann ab, wenn sie sich
richtig ärgern. Das ist gruselig.
6.8.15
Ich liebe Keller. Ich war quasi von Geburt an ein
Kellerkind. Im Keller hatte Opa seine Werkstatt und seine Rückzugsbasis. Im
Keller wurde die Wäsche von den Frauen gewaschen. Im Keller lagerten die
Vorräte für den Winter. Dort stand das Sauerkrautfass und der Apfelwein in der
riesigen Korbflasche. Durchgangsstation zum Hinterhof mit Wiese, wo die Laken
gebleicht und die Gänseblümchenkränze geflochten wurden. Spielplatz der Kinder
im Winter, weil die Wohnungen für die Menge der Familienmitglieder viel zu klein
waren... So viele Geschichten habe ich dort unten erzählt bekommen und so viele
Abenteuer erlebt. Mein Ort der warmen und wohligen Erinnerungen.
5.8.15
Einige Erfahrungen aus meiner Praxis: Narzissmus hat kein
bevorzugtes Geschlecht. Pathologische Narzissten sind Therapie resistent, da
sie keinen Leidensdruck in Bezug auf ihr SoSein empfinden. Es geht in
Beziehungen mit Narzissten nicht um „Schuld“, obwohl die einseitige
Schuldverteilung durch Narzissten zu deren Grundhandwerkszeug gehört. Aus einer
Beziehung mit einem Narzissten/einer Narzisstin kommt man nicht ohne
Beschädigungen heraus. Labile Persönlichkeiten locken Narzissten an wie das
Licht die Motten. Stabile und starke Persönlichkeiten erhöhen jedoch den Jagd-
und Einverleibungstrieb des Narzissten. Narzisstische Elternteile untergraben
jede Form des Selbstbewusstseins und der Autonomie eines Kindes. Narzissten
leiden, aber nicht an sich, sondern an den ihnen angeblich unverschämt
zugemuteten Ungerechtigkeiten der Welt, der Gesellschaft, des Partners, der
Nachbarn, des Wetters, der Natur und überhaupt. Narzissten sind eben nicht
„selbstverliebt“, denn die Liebe zu sich selbst ist ihnen schon ganz früh in
ihrem Leben abhandengekommen bzw. haben sie sie nie kennen gelernt. Narzissten
sind arme Hascherls, die ganz tief in sich drinnen vor Selbstmitleid,
Gefühlsleere, undefinierter Sehnsucht und einem Hunger nach bedingungsloser Liebe aufgefressen werden.
Sie sind sich dessen absolut nicht bewusst und verweigern jedwede
Bewusstwerdung. Lieber beißen sie tollwütig um sich. Das macht sie gefährlich
und in manchen Fällen tödlich.
4.8.15
Dein größter Irrtum: Der gesunde Menschenverstand sagt
dir, dass du keine Angst vor Überwachung haben musst, denn du tust ja nichts
Ungesetzliches. Darum ging und geht es jedoch nie. Es ist nämlich völlig egal,
ob das, was du sagst und tust völlig harmlos ist. Denn in dem einen
wesentlichen Augenblick liegt die Deutungsgewalt über gut/schlecht,
legal/illegal, etc.., nicht in deiner Macht, auch nicht in einer einvernehmlich
gemeinschaftlichen Macht, sondern einzig und alleine bei deinem Gegenüber. Da
kann das dämlichste Hundebildchen zu einem Fail werden, der dich deine
Integrität und Unverletzlichkeit kosten kann. So einfach ist das.
3.8.15
„Das ist eine Mikrowelle. Eine Mikrowelle ist kein Föhn!
Bitte keine Katze zum Trocknen hinein setzen! Oder: Das ist ein Gartenschlauch.
Drehen Sie den Wasserhahn auf. Schauen Sie jetzt nicht in die Öffnung des
Schlauchs.“
„Wie kommen Sie denn jetzt auf so was, Frau Müller?“
„Ach, ich pass mich versuchsweise dem Niveau der braunen
Deutschtümler an. Wer meint, dass Familienväter und junge Männer aus Jux und
Tollerei ihre Heimat und ihre Familien verlassen, nur weil bei uns die Luft so gut und es ein paar Euro
Taschengeld gibt, der oder diejenige braucht doch artgerechte Hilfe bei allen
Fragen des alltäglichen Überlebens.“
„Das ist aber lieb von Ihnen.“
„Ja, ich gebe die Hoffnung nicht auf. Kurze Sätze, klare
Anweisungen. Vielleicht wird das dann noch was.“
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