30.10.15

„Frau Müller, Sie appellieren wirklich an die Menschlichkeit der Menschen, die durch ihre Habsucht und Gier doch die Fluchtursachen erst geschaffen haben? Sie sind schon ein wenig naiv, oder?“

„Na ja, aber, es könnte doch sein, dass …“


„Nein, Frau Müller, da war nichts sein, da ist nichts, und da wird auch niemals etwas sein können. Denen, die an Krieg und Ausbeutung verdienen, gut verdienen, denen gehen diese Menschenleben schlichtweg am Arsch vorbei. Meinen Sie, das macht für einen von denen einen Unterschied, ob der Mann, die Frau, das Kind elendig ertrinkt, oder von einem Maschinengewehr geschreddert oder von einer Bombe zerrissen wird oder sich unter abscheulichen Bedingungen zu Tode schuftet? Das ist denen egal. Das sind Kollateralschäden, Abfälle, Späne, Restmüll. Sie verstehen nicht, dass die Gewinnler und Abkassierer und ihre Handlanger da gar keine menschlichen Subjekte wahrnehmen, nie wahrgenommen haben. Das sind, wenn überhaupt nur ein Gedanke dran verschwendet wird, maximal Arbeitskräfte, Konsumenten, Wähler, Kanonenfutter, Zahlen auf den Papieren, frei verfügbare Objekte fürs eigene Geschäft und den eigenen Machterhalt. Mehr nicht. Das ist das, was Sie und viele andere mit einem gänzlich anderen Menschen- und Weltbild einfach nicht verstehen wollen. Sie bewegen sich in zwei völlig unterschiedlichen Universen. Da gibt es keine Schnittstellen. Gar keine.

„Ich weigere mich, ich weigere mich schlichtweg, das so zu sehen. Ich weigere mich!“

„Das können Sie gerne tun. Es ändert jedoch nichts.“


„Sie sind ein Arsch. Sie sind so ein verdammter Arsch!“


26.10.15

Sobald wir ein Geschehen als Problem definieren, konservieren wir es in diesem Augenblick in diesem Zustand. Wir nehmen ihm damit jedwede eigene Dynamik und behindern all seine Möglichkeiten die schon in ihm angelegten Lösungen gebärend frei zu entfalten.

16.10.15

So, erste Woche fast rum an der Uni. Manche (Wunsch)Vorstellungen erwiesen sich als zu sehr geprägt von Erinnerungen, andere und neue Eindrücke waren bereichernd. Erste, sehr persönliche Erkenntnisse: 1. Sich in einem vollgestopften, kleinen Hörsaal ohne Fenster, aber mit gleicher, für sehr untergewichtige Personen konzipierter Bestuhlung, wie zu meiner Zeit (vielleicht klebt mein Kaugummi noch unterm Tisch?) althergebrachte Erkenntnisse über das vorgeblich neue Konzept der Einheit von Körper, Geist und Seele, jetzt mit einem englischen Begriff „Embodiment“ versehen, anzutun, ist nicht mein Ding. 2. Die Begeisterung, das ErfahrungsWissen und der Elan älterer Menschen in anderen Seminaren sind erquickend für meine Seele. 3. Das Essen in den Mensen ist vielfältiger geworden. 4. Das Bologna Konzept für die Unis ist wirklich so dämlich wie vermutet. 5. Die Fahrerei von Neuberg nach Frankfurt mit den Öffentlichen ist sehr anstrengend und muss deshalb eingeschränkter laufen. Der Geist ist willig, der Körper winkt schwächelnd ab. 6. Trotz aller vorläufiger Kritik meinerseits und dem sanften Zurechtrücken illusionistischer Vorstellungen bleibt nach dieser Woche das Gefühl, an diesem Ort sei doch noch ne Menge an neuen und bereichernden Erfahrungen für mich möglich. Netzwerken ist nun angesagt.  


Ach ja, ich steige von Handtasche doch wieder auf Rucksack um *blinzel  

7.10.15

„Dann siehst du Menschen, mit denen du noch vor ein paar Minuten gesprochen hattest, durch die Luft fliegen. Nichtidentifizierbare Körperteile landen vor deinen Füßen, auf deinen Schultern, auf deinem Kopf. Alles geht so schnell. Da ist ein Schreien, Wimmern, Dröhnen. Die Luft stinkt nach Blut und Tod. Das ist so ein ganz bestimmter Geruch. Er setzt dich in deiner Nase fest. Noch Monate später riechst du ihn. Darauf konnten dich nichts und niemand vorbereiten. Die Bilder, die Geräusche, die Gerüche bekommst du einfach nicht mehr aus deinem Kopf. Da ist so ein inneres Zittern in dir. Immer. Ab diesem Moment.“

„Ja, ich verstehe. Ein wenig. Vielleicht. Darum bist du geflohen.“


„Ähm, nein. Ich bin Bundeswehrsoldat. Afghanistan. Ich kann nicht fliehen. Auch nicht vor diesen Bildern in mir.“