21.4.16

Gelassenheit

Das Schöne ist ja: Kleine Kinder wollen und können gar nicht anders als zu lernen. KleinMadame isst mit Gabel, hält den Stift richtig in den Fingern, rennt Pipi/Kacka schreiend kichernd auf die Toilette und babbelt immer öfters in ganzen vollständigen Sätzen, räumt ein und weg und denkt sich eigene Spiele aus... ... und, und, und. Alles ohne dass wir uns bisher über irgendeines dieser Dinge einen erzieherischen Kopf gemacht hätten. Sie lebt einfach mit uns, guckt zu und ab und macht ihr Ding. Unsere Gelassenheit überträgt sich lernfördernd auf sie. Das war es schon.

16.4.16

Abgeschnittene Gefühle

Es war dieses VerSchweigen der eigenen Gefühle in den erzählten Geschichten, das mich als Kind und Jugendliche verrückt gemacht hat. In einem Arbeiterhaushalt aufgewachsen, in dem mein Großvater, als Familienoberhaupt, sehr wohl sehr viel über den Krieg erzählte, über den Aufstieg der Nazis, über den Irrsinn an der „Heimatfront“ und auch über politische Zusammenhänge, damals und dann, fehlte mir in der Rückschau immer das Sprechen über die eigenen Befindlichkeiten in all diesen anekdotenhaften Erzählungen. Alles spielte sich auf einer distanzierten Metaebene ab. Von den Frauen der Familie hörte ich gar nichts über ihre Erlebnisse aus diesen Zeiten. Zumindest in meiner Anwesenheit war das nie ein Thema.

Erst als ich älter wurde und nachfragte und nicht nachgab mit meiner wütenden Bohrerei, durchbrach ich manchmal diese Mauern der abgeschnittenen Gefühlswelten und bekam einige Tränen der Verzweiflung, sah die unsägliche Angst und die tiefe Verwirrtheit ob all dem Grausen kurz aufblitzen. Aber, es waren nur Häppchen, die schnell wieder eingesammelt, relativiert wurden durch oberflächliches Gelächter.

Es hat mich viel Kraft und schmerzliche Selbstbeschau gekostet diesen mir vererbten klebrigen Zugang zu den eigenen Gefühlen bei mir selbst durchlässiger zu bekommen. Ja natürlich, es hat mich geprägt.   

11.4.16

"Wir müssen harte Bilder aushalten", sagt der Innenminister.

Muss ich nicht, werde ich nicht. Niemals. Ich werde weinen, schreien, toben, kotzen und rotzen. Immer wieder.

Was ist das überhaupt für ein Wort "aushalten" in solch einem Kontext? Verrohen, abstumpfen, erkalten, verhärten, gleichgültig werden gegen das Leid und das Elend anderer Menschen ... und letztendlich gegen sich selbst. Erinnert mich sehr stark an den Prozess der "Ausbildung" und das entmenschlichende Training eines Folterers.

Reziproke Wahrnehmung des Gegenübers und das daraus resultierende Mitgefühl sind wesentliche Grundlagen unseres  Menschseins. Sie befähigen uns zur Solidarität, zur Hilfsbereitschaft, zur Barmherzigkeit und zur Güte. Sie sind die Basis jedweder menschlicher Solidargemeinschaft. Und wenn ich die evolutionäre Entwicklung des Menschen zum Menschen richtig verstanden habe, dann waren genau diese Eigenschaften der eigentliche Motor dieser Entwicklung.

Und das sollen wir jetzt alles aufgeben? Empathie und Mitgefühl in den Schredder schmeißen? Aushalten lernen? Für was? Für wen? Ihr habt ja einen Knall, ihr Giergeier, ihr Machtmenschen, ihr verlogenen Pöstchenkleber.

Ich nicht. Niemals.