31.10.17

Ich finde es wichtig, dass man historische Personen und ihr Wirken in ihrem historischen Kontext betrachtet und würdigt, und ihnen nicht die Schablonen der eigenen Zeit überstülpt. Immerhin ist eine Menge passiert zwischendrin. Was ich nicht verstehe ist jedoch das Bohei, das um manche dieser Personen im Jetzt gemacht wird. Es bleibt das Geschmäckle, dass man sich selbst feiert und inszeniert. Die vielschichtige und widersprüchliche Persönlichkeit des vorgeblich Gefeierten/der Gefeierten wird dann gerne einfach glatt gebügelt nach eigenem Gusto. Das mag ich nicht.

24.10.17

Was mich als ältere Frau an der „me too“ Kampagne irritiert, ist, dass jetzt auf einmal so viele über das Ausmaß der Belästigungen und Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts überrascht und erstaunt sind. In welchem Wolkenkuckucksheim habt ihr denn die letzten Jahre und Jahrzehnte gelebt? 

17.10.17

„Es gibt so Tage, da überfordert mich die Dummheit der Leut.“

Ist das nicht sehr anmaßend, Frau Müller?“

„Ich sagte doch, es überfordert mich.“

„Und jetzt?“

„Jetzt habe und höre ich den Blues.“

16.10.17

"Parteien sind scheiße."

"Frau MÜLLER! Beherrschen Sie sich!"

"Habe ich im Moment keine Lust dazu. Die Menschen, die sich an der Basis den Arsch für ihre Partei aufreißen, finde ich ja meistens total in Ordnung. Das Posten- und Machtgerangel, die Verarschung der Basis durch die oberen Ränge jedoch finde ich erbärmlich."

"Meinen Sie eine bestimmte Partei?"

"NEIN! Geht durch alle Parteien."

"Da wir eine repräsentative Demokratie sind, können wir jedoch auf das Parteiensystem nicht verzichten."

"Aber, wir könnten es völlig neu denken. Quasi Festplatte löschen und ein ganz neues Programm aufziehen. Wir haben so viele kluge, kreative Köpfe im Land, da müsste es eigentlich möglich sein, die Software für eine repräsentative Demokratie ganz neu aufzuspielen. Es kann doch nicht angehen, dass Wahlbeteiligungen zwischen 40 und 80 % schwanken und dann die Politik für 100% gemacht wird. Die meisten Menschen, mit denen ich gesprochen habe, sind doch nicht müde und genervt von der Demokratie an sich, sondern von den verkrusteten Parteistrukturen, den ewig gleichen Gestalten, die ja dann auch noch oft genug Dreck am Stecken haben und immer nur weiter um sich selbst kreiseln.
Ich bin sowas von sicher, wenn man da etwas ändern wollte, dann könnte man das."
Auf die Frage, warum sie Rechts gewählt haben, meinten viele, sie wollten halt mal was Neues. Das Doofe ist bloß, dass Rechts ja nichts wirklich Neues ist, sondern nur eine alte, ranzige, braune Suppe. 

15.10.17

Ich wiederhole mich gerne, zumal ich mich eh in anderen Foren damit gerade herumärgere:

Nein, man kann „Links“ und „Rechts“ nicht einfach austauschen oder über einen Kamm scheren, obwohl dies gerade bei einigen meiner konservativen Bekannten wieder einmal sehr beliebt ist.

Es gibt da nämlich einen grundlegenden Unterschied im jeweiligen Menschenbild und in der Auffassung bezüglich Menschenrechten, dem unantastbaren Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und dergleichen.

Und ja natürlich gab und gibt es auch im Linken Spektrum Idioten und Arschlöcher, die sich das Mäntelchen der Menschenfreundlichkeit nur umhängen um ihr eigenes gewalttätiges, machtgeiles Süppchen zu kochen. Meine Ablehnung und mein Zorn auch ihnen. Schaut man jedoch von oben und mit ein wenig Abstand auf die gesamten Szenen drauf, so bleibt der gravierende, grundlegende Unterschied in Haltung und Weltbild.

Die Frage ist jedoch: Warum macht das linke Menschen- und Weltbild vielen Konservativen so viel mehr Angst denn das rechte? Warum steht für alle bürgerlichen Parteien der Feind immer zuerst links und dann, wenn überhaupt, erst viel später auch, vielleicht, rechts? Was meint man da schützen so müssen? Und vor wem, für wen? Oder ist das mittlerweile einfach schon ein Reflex?

Meine Erfahrung: Im Laufe meines Lebens habe ich in konkreten politischen Projekten ausgezeichnet mit konservativen Menschen zusammenarbeiten können. Wir hatten viele Schnittstellen in unserem Menschenbild und unsere Auffassung von Recht und Unrecht ließ sich immer angleichen. Woher kommt nun wieder diese Unversöhnlichkeit auf alles was Links ist? Mit Rechten war eine Zusammenarbeit niemals möglich, weil schon nach einer kurzen Kommunikation klar war, dass es keinen noch so minimalen Konsens in und für irgendetwas geben könnte. 
Für mich war und ist jemanden mit Worten runtermachen, erniedrigen, demütigen, beleidigen, anschreien, anpöbeln und Ähnliches schlichtweg Gewalt. Körperliche Gewalt jedoch hatte und hat für mich immer eine andere Qualität. Mit der verbalen Gewalt kann ich, als ERWACHSENE, lernen umzugehen, kann mich abgrenzen, ignorieren, mich wehren und, das Wichtigste, ich kann einfach gehen. Der körperlichen Gewalt habe ich, in der Regel, nichts entgegenzusetzen. Ich kann sie weder mit Worten noch mit körperlichen Einsatz abwehren. Ich bin ihr ausgeliefert. Ich kann mich ihr nicht entziehen. Ich kann, in schlimmen Fällen, nicht einmal mehr weglaufen.

Deshalb verstehe ich nicht, mit welcher Lockerheit in letzter Zeit der Einsatz von körperlicher Gewalt als Reaktion auf verbale Angriffe entschuldigt bzw. banalisiert wird.

Das ist ein falscher und gefährlicher Weg. Körperliche Gewalt ist niemals banal und ein durch nichts gerechtfertigtes Mittel der Auseinandersetzung. Da wird gerade eine Grenze überschritten, die mir im Alltäglichen Angst macht.

Einfacher: Muss ich jetzt, wenn ich mich verbal mit dir auseinandersetze, damit rechnen, dass ich eins in die Fresse bekomme? Sind wir schon wieder soweit?

*Anmerkung
Beispiel, siehe medialen/virtuellen Diskurs über die Vorfälle auf der Buchmesse

12.10.17

Was mich kirre macht, sind diese elendigen Relativierungen in Diskussionen, die so gar nix bringen.
Beispiele:

"Da erschlägt ein Mann sein Kind." Kann man nicht einfach stehen lassen, sondern würgt alles ab mit"Frauen erschlagen auch Kinder!"

"In diesem Land wird gefoltert." Maximal zwei Minuten, dann kommt "In jenem Land aber auch!"

"In der DDR war Gewalt gegen Kinder kein öffentliches Thema." Kurz warten, dann kommt "Aber bei uns ja auch nicht!"

"Im Krieg in xyz gehören Vergewaltigungen zur Tagesordnung." ... ... "Die Blauhelme machen das auch!"

Und, und, und.

Was soll das? Wenn man auf das eine etwas fokussierter zeigt, verleugnet man damit doch nicht auch alles andere. Es relativiert sich das Ungeheuerliche doch nicht dadurch, dass es an anderen Orten und in anderen Zeiten auch Ungeheuerliches gab/gibt.

Entlastet diese Form der Argumentation irgendwie? Was wird da warum entlastet? Muss man keine eigene Stellung beziehen zu dem Konkreten, wenn es irgendwo anders auch passiert? Ist es nicht so schlimm, wenn/weil es auch andere tun? Darf man auf den entfernten (in Zeit undoder Raum) Schrecken nicht hinweisen, weil es im Nahen genug Schreckliches gibt?

Ich kapiere es nicht. 

9.10.17

Meine Herkunftsfamilie war, mit dem Verdienst eines Kanalarbeiters, Frau und vier Kindern und einem Enkelkind einkommensschwach. Seit meines Lebens wehre ich mich dagegen, dass wir deshalb sozial schwach gewesen seien. Ganz im Gegenteil verfügten alle Familienmitglieder über eine sehr hohe soziale Kompetenz. Sie sicherte uns nämlich das Überleben.

Auch in meinem weiteren Leben konnte ich eine immer gegebene Kausalität zwischen niedrigem Einkommen und sozialer Kompetenz nicht feststellen. Ja, es gibt eine Menge Menschen denen mangelnd es an Empathie, Mitgefühl, sozialverträglichen Handlungsmustern und ähnlichen Skills. Oft fand ich diese jedoch oft eher im näheren Kontakt bei sehr einkommensstarken Menschen und ansonsten quer durch alle Schichten und Klassen.

Es kotzt mich an, dass diese vorurteilsvolle Kausalität zwischen niedrigem Einkommen und mangelnder sozialer Kompetenz, wider besseres Wissen, immer wieder im politischen Diskurs von allen Seiten als strategisches Argument missbraucht wird. Das ist billig und unwürdig. 
„Kannst du was dazu geben?“

„Wieviel denn?“

„Hast du da eine Obergrenze?“

„Nein.“

„Okay. Hundert?“

„Geht nicht. Ich gebe maximal fünfzig.“

„Ähm.“

Jeder hat so seine eigenen Definitionen.  *andenkoppklatsch


8.10.17

Da lese ich mich, noch nicht ganz wach, durch diese Zeilen, weil mich die Überschrift neugierig machte und finde auch, vor allem das letzte Drittel über „Erziehung“ recht gut formuliert und klicke dann auf das verlinkte Video mit einer Rede von einem Jack Donovan. Fehler! Großer Fehler! Als Mensch und Weib sitze ich immer noch mit herunter geklappter Kinnlade vor dem Bildschirm. Er und seine Anhängerschaft, auch im deutschsprachigen Raum, meinen das nicht ernst, oder? Doch meinen sie. Madame Misanthropie schleicht sich mal wieder um die Ecke und winkt mir verführerisch lächelnd zu und lockt mit dem Versprechen eingelullter Ruhe und einem letzten Rest seelischer Unversehrtheit. Zu spät! In meinem Kopf wütet schon der Zorn auf diese Art von Männer und macht keinen Unterschied mehr zwischen einem Herrn Donovan und einem Herrn Abu Bakr al-Baghdadi, weil es diesen eben real nicht gibt. Brutale, hirnbefeite männliche Arschlöcher, Samenträger für Gewalt und Tod. Kotzen? Nein, das wäre zu viel der Zuwendung. Meine Kinnlade küsst immer noch die Kniekehlen. Wenn sie sich wieder eingerenkt hat, werde ich den ersten und zweiten Teil dieser Kolumne auch noch lesen.