9.5.17

„Du solltest jeden Euro zweimal umdrehen, so hast du mehr von ihm.“
„Links oder rechts rum?“
„Egal.“
„Passiert nicht.“

„Dann drehst du falsch.“

8.5.17

Wenn du Menschen mit umfassender politischer und/oder wirtschaftlicher Macht kommst mit Nächstenliebe, sozialer Gerechtigkeit, Frieden, Menschenrechten und so einem Zeugs, dann gucken die dich an, als würdest du Venusianisch sprechen. Die wissen schlichtweg nicht, was du von ihnen willst. Es kommt in ihrem Weltverständnis als Kategorie oder Koordinate, die ihr Handeln und Denken bestimmen könnte, einfach nicht vor. Die sind nicht „böse“, sie leben nur in einem völlig anderen Universum.

Beispiel: Sie handeln mit Waffen und spenden gleichzeitig auf einer Gala Millionen für Kriegsopfer. Als Widerspruch empfinden sie dies nicht. Ihr Selbstbild: Ich bin ein cooler Macher und verdiene meinen Gewinn durch enorme Leistung und ich bin total sozial, weil ich davon einen kleinen Teil durch Spenden/Sponsoring wieder an die Gesellschaft zurückgebe. 

Wie soll man da sinnvoll miteinander kommunizieren können? 
Ach, heute ist gar kein Feiertag? Ist doch der 8. Mai, Kriegsende 1945, oder? Irgendwas gelernt daraus? Manche ja, viele nein.

Ich gehöre zu der Generation, die selbst keinen Krieg in ihrem Land erlebt hat. Dafür bin ich dankbar.
Zutiefst traurig und ja auch zornig bin ich darüber, dass die für so viele Menschen auf der Welt nicht gilt. Und manchmal überfällt mich das Grausen, dass sie alle den mörderischen Preis für meinen Frieden bezahl(t)en.

1946–1949 Griechischer Bürgerkrieg
1946–1954 Französischer Indochinakrieg
1947–1949 Palästinakrieg
seit 1948 Bewaffnete Konflikte in Myanmar
1950–1953 Koreakrieg
1954–1962 Algerienkrieg
1956 Sueskrise (Zweiter israelisch-arabischer Krieg)
1956–1959 Kubanische Revolution
1957–1962 Niederländisch-Indonesischer Krieg um West-Neuguinea
1957–1975 Vietnamkrieg
1960–1989 Namibischer Befreiungskampf
1960-1996 Guatemaltekischer Bürgerkrieg
1961–1974 Portugiesischer Kolonialkrieg
seit 1964 Bürgerkrieg in Kolumbien
seit 1966 Bürgerkrieg im Tschad
1968–1979 Bürgerkrieg im Baskenland
seit 1969 Unabhängigkeitskampf der Provinzen Papua und Papua Barat
1969–1997 Nordirischer Bürgerkrieg
1974–1991 Äthiopischer Bürgerkrieg
1975–1990 Libanesischer Bürgerkrieg
1977–1989 Vietnamesisch-Kambodschanischer Krieg
1978–2005 Sezessionskrieg in Aceh (Indonesien)
1978–1989 Afghanischer Bürgerkrieg und sowjetische Intervention
1979 Chinesisch-Vietnamesischer Krieg
1980–1988 Erster Golfkrieg (Iran-Irak)
1982 Libanonkrieg
1983–2009 Bürgerkrieg in Sri Lanka
1987–1993 erste Intifada (Gaza/Palästina/Israel)
seit 1988/1991 Somalischer Bürgerkrieg
1989–1996/1999–2003 Liberianischer Bürgerkrieg
1990–1991 Zweiter Golfkrieg (UN-Koalition-Irak)
1991–2001 Jugoslawienkriege
seit 1994 Belutschistankonflikt
1996–1997 Erster Kongokrieg
1998–2003 Zweiter Kongokrieg
2000–2005 Zweite Intifada
seit 2001 Krieg in Afghanistan
2002–2007 Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste
2003–2011 Irakkrieg
2005–2010 Bürgerkrieg im Tschad
2006 Libanonkrieg 2006
2006–2009 Dritter Kongokrieg
2008–2009 Operation Gegossenes Blei Gaza (Hamas)/Israel
seit 2009 Krieg gegen die Taliban in Pakistan
2010–2011 Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste
2011 Bürgerkrieg in Libyen
2011 Internationaler Militäreinsatz in Libyen 2011
seit 2011 Bürgerkrieg in Syrien
seit 2012 Konflikt in Mali (seit 2013 Opération Serval)
seit 2015 Jemen

Irgendwas habe ich bestimmt vergessen.  

7.5.17

Man könnte Langzeitarbeitslosen auch einfach sagen, dass es für sie mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Chance mehr auf dem ersten Arbeitsmarkt gibt und die AA /ARGE wirklich nichts für sie tun kann, anstatt sie an der langen Leine von verlogenen Hoffnungsbildern, Gängelungen, Schuldzuweisungen und Erniedrigungen durch unsinnig bürokratische Labyrinthe zu schleppen.

Diese Ehrlichkeit würde vielleicht in manch einem bisher verschlossene Türen öffnen, Neugestaltung des eigenen Lebens und Perspektivwechsel ermöglichen. Was aber wird gemacht? Sinnlose Bewerbungen müssen zuhauf geschrieben werden und vermitteln das Gefühl, dass es nur die eigene Schuld sei, wenn man keinen Job bekommt. Irgendwelche sinnlosen Maßnahmen, wie Bewerbungstraining für ehemalige Personaler, werden aneinandergereiht. Man wird behandelt als sei man fünfzehn und sozial extrem auffällig. Unterstellt wird ein „Du willst bloß nicht!“ anstatt ein „Du willst und kannst, aber der Markt gibt das nicht mehr her.“ Auszusprechen.

Ich fände Maßnahmen, in denen diesen Menschen beigebracht würde, dass ihr Selbstwert nicht von einer entlohnten Arbeit abhängt, dass es viele andere Möglichkeiten für ein sinnvolles und zufriedenes Leben gibt, wesentlich sinnstiftender und für die Gesellschaft viel nachhaltiger als alles, was bisher so angestellt und angeboten wird.

Grundvoraussetzung und Rahmenbedingung dafür? Unter anderem ein Bedingungsloses Grundeinkommen. 

6.5.17

Was ich bis heute nicht verstehe, ist diese Scham. Wie kann man sich schämen, weil man arm ist?

Du bist arm, weil du deinen Job verloren hast, die Mieten zu hoch sind, die Rente zu klein, Hartz IV eine Verarschung ist und hinten und vorne nicht reicht, Medikamente zu teuer sind und ähnliche Sachen. Kannste nichts für, musst du dich nicht schämen.

Oder, du bist arm, weil du suchtkrank bist. Kannste nicht alleine ändern. Musst du dich nicht schämen.

Oder du bist arm, weil du psychisch und/oder physisch krank. Hättest du vielleicht in deiner Vergangenheit irgendwas dran ändern können. Jetzt ist es, wie es ist. Kannste alleine nicht ändern. Musst du dich nicht schämen.

Oder du bist faul und unzuverlässig, träge und antriebslos. Lässt andere für dich sorgen. Kannste ändern. Oder dazu stehen. Schämen passt da nicht hin und ist, wenn überhaupt nur eine Mitleid heischende Lüge.

Oder du hast Entscheidungen getroffen, zu Gunsten deiner Kinder oder andere Menschen, um die du dich kümmerst und denen du deine Zeit schenkst. Könntest du ändern, willst du aber nicht. Also, warum solltest du dich dafür schämen?

Gibt bestimmt noch tausendundeine Variante mehr. Was Scham mit all dem zu tun haben könnte? Nichts.

Ich war ziemlich oft in meinem Leben arm. Meine Entscheidung, jedes Mal, weil meine Prioritäten in diesen Zeiten einfach andere waren. Ich habe das immer offen kommuniziert. Passiert ist da gar nichts Schlimmes. Im Gegenteil. Einen Anflug von Scham hatte ich höchstens in den Momenten, wenn ich für eine Arbeit, die mir sowohl Spaß als auch tiefe Befriedigung verschaffte, ein Schweinegeld bekommen habe. Huschte aber immer sehr schnell vorbei, diese Scham. Habe ich versucht nicht aufzufallen? Nein, ganz im Gegenteil.

Scham hat in diesem ganzen Kontext nichts, aber auch gar nichts zu suchen.

Und, bevor das Argument in die Runde torkelt: Mangelnde Eigenverantwortung und daraus abzuleitende, gar einzufordernde Scham passen nicht zusammen. Sind zwei völlig verschiedene Baustellen.


*Das ist übrigens keine Kritik an den Menschen, die sich ihrer Armut schämen. Ich weiß um die Mechanismen von Scham, wie sie angelegt sind, wo sie andocken und welche Funktion das Schamgefühl sowohl in der eigenen Psyche als auch gesellschaftlich hat. Ich wollte ermutigen. Fühlt euch ermutigt!