30.9.18


„Sind Sie etwa egoistisch, Frau Müller?“

„Natürlich bin ich auch egoistisch.“

„Das kommt jetzt aber überraschend. Sie sind doch immer so hilfsbereit und fürsorglich. Wie könnten Sie da egoistisch sein?“

„Ach geh. Mein wohlwollendes Verständnis, meine Hilfsbereitschaft und meine Empathie dienen, ob ich es will, oder nicht, doch auch dazu ein feines Netz der Macht in meinen Händen zu spinnen. Ein liebevolles, sicher, aber eben auch ein machtvolles. Die Kehrseite von Altruismus ist immer auch Macht, beinhaltet immer auch ein Oben und ein Unten. Das ist gilt es im Blick zu haben, für Ausgleich zu sorgen, zu kommunizieren, transparent und verantwortungsvoll damit umzugehen. Und ja, manchmal habe ich diese Macht, im Privaten, in meinem Leben auch genutzt. Zu meinem Vorteil, zum Vorteil der Menschen, die zu mir gehören. Darum, ja klar, ich bin auch egoistisch.“

Anderer Aspekt ->

Glaubenssatz:  Gut geht es mir nur, wenn es dir auch gut geht. Also sorge ich aus purem Egoismus dafür, dass es dir wohl ergehe.

20.9.18


Was mich richtig ärgert: Es kenne eine Menge guter und kompetenter Menschen im Rhein-Main-Gebiet aus den unterschiedlichsten Parteien, die machen seit Jahren eine verdammt gute Arbeit. Sei es in den Dörfern, den Gemeinden, im Kreis, in den Kommunen, den Stadtteilen, den Städten. Sie sind ansprechbar, lösungsorientiert, bürgernah, anfassbar, solidarisch, nachbarschaftlich, engagiert und, wie gesagt, hoch kompetent. Tolle Leute, die, wenn es um konkrete Lösungen geht auch über alle Parteistreitigkeiten hinweg, gemeinsam zupacken. Und genau die, bekommen immer wieder durch die "hohe" Landes- und vor allem Bundespolitik ihrer Parteien, Knüppel zwischen die Füße geworfen. Müssen Vertrauensverluste wieder ausbügeln, bekommen den oft berechtigten Zorn der Bürgerinnen und Bürger ins Gesicht geknallt. Es ist zum Kotzen. Kann man denn dieses ganze Parteiengedöns nicht endlich mal reseten, oder völlig neu aufziehen? Braucht es für eine funktionsfähige parlamentarische Demokratie denn überhaupt Parteien? Gibt es da in unserer Zeit nicht etwas Besseres? Können Menschen nicht einfach konkrete Menschen wählen, die dann in den jeweiligen Gremien die Interessen aller vertreten? Irgend sowas in der Art.

5.9.18


Aufgrund vieler Diskussionen in den letzten Tagen ->

Mit wem will ich reden? Mit den Menschen, die völlig abgenervt sind von all dem Links und Rechts Gedöns, weil sie allereigentlich gar nicht wissen, was jeweils damit gemeint ist. Die keine Ahnung, keine Bilder dazu im Kopf haben, was denn nun dies oder das jeweils in seiner Vielfältigkeit bedeutet (danke liebes Schulsystem). Die aber auch, aus dem Bauch heraus Gewalt, Ausländerhass, Xenophobie, Sexismus und Homophobie ablehnen. Die sich aber nicht wiederfinden in irgendeiner Partei oder Bewegung. Die Angst haben vereinnahmt zu werden, weil sie nicht mehr durchblicken, was Lüge, was Fakten sind, eben weil ihnen ein ganzes Stück Grundlagenwissen fehlt. Die immer verzweifelter werden und genervter und ängstlicher. Ja, mit denen will ich reden und mich austauschen. Zuhören, Bilder liefern, Gedanken aufgreifen, ausbauen. Nicht um sie von irgendeiner Ideologie zu überzeugen, sondern um ihnen die Werkzeuge an die Hand zu geben, wieder, oder endlich, selbst eigenverantwortliche Entscheidungen in diesem Bereich zu treffen.

Davon gibt es so viele. Lassen wir sie nicht allein!

3.9.18


Meine Erfahrung:

Rassisten waren schon Rassisten bevor damals die "Gastarbeiter" zu uns kamen. Sie waren es, bevor Flüchtlinge kamen, sie waren es vor 2015, und sie wären es auch dann noch, wenn von jetzt auf gleich alle nicht Deutschen das Land verlassen würden. Weil der Rassist finden und erfindet die Objekte seines Hasses immer wieder neu. Mal ist dies durch die vorhandenen, jeweils aktuellen gesellschaftlichen Zustände ganz einfach, mal ist es schwieriger. Funktionieren tut es immer.

Will man Rassismus, und seine Geschwister Xenophobie, Sexismus, Homophobie, wirklich langfristig aus der Menschheitsgeschichte verbannen, dann geht dies meiner Meinung nach nur durch tiefgreifende, gesellschaftliche Veränderungen. Deswegen scheuen Rechtsradikale/Rechtsextreme auch soziale und wirtschaftliche Themen wie der Teufel das Weihwasser. Sie haben hier keine Konzepte und keine Utopien. Deshalb sind sie genau da auch am angreifbarsten.

Zwingen wir ihnen diese Themen auf und verweigern wir uns deren rassistischen Diskursen.

Die einzigen Diskussionen, die ich im Moment noch anregend und spannend finde: Leg offen, in welcher Gesellschaft du leben willst. Wie soll diese konkret aussehen? Für was stehst du ein? Was ist dein "Dafür"? In welchen Bereichen sollen welche Veränderungen wie stattfinden? Ich bin mir sicher, dass dann auf der einen Seite die unerwarteten Übereinstimmungen überraschende Erkenntnisse bringen und auf der anderen Seite die Trennlinien (auch überraschend) deutlicher zutage treten werden.

Versteht irgend jemand, was ich meine?

1.9.18


"Wenn wir davon ausgehen, dass es in Deutschland 25 bis 30% gibt, die dem rechten Gedankengut mehr oder weniger nahe stehen, dann finde ich das erschreckend, Frau Müller!"

"Och, ich finde eher die 70 bis 75 % derer, die dagegen in dieser oder jener Weise gefeit sind, ziemlich erfrischend. Auf die sollten wir uns konzentrieren, denn die machen das aus, was dieses Land so lebens- und liebenswert macht."

"Die sind aber sehr still. Zu still vielleicht?"

"Viele von denen sind mit wichtigeren Sachen beschäftigt. Zum Beispiel dem Kampf und das Ringen um bessere Arbeitsbedingungen, um mehr und bezahlbaren Wohnraum, um Verbesserungen im Gesundheitswesen, um brennende Fragen des öffentlichen Nahverkehrs im ländlichen Raum, um Infrastruktur und Bildungswesen, um Rentenfragen und Altersbilder, um gleichen Lohn und Abbau von Sanktionen bei Hartz IV, Kinderschutz- und Kinderrechte, und, und, und."

"Wichtigeres? Gegen Rassismus, Ausländerfeindlichkeit, Hass und nationalistisches Gedankengut aufzustehen ist doch viel wichtiger. Immerhin bedroht das die Gesellschaft insgesamt."

"Das eine schließt das andere ja nicht aus. Da gibt es schon Überschneidungen. Aber sich immer wieder am Nasenring von den Rechten durch deren kleine Arena führen zu lassen? Das machen schon die Medien irrsinnigerweise seit Jahren, das braucht es nicht. Denen, den Rechten, würde bestimmt die Luft ausgehen, wenn nicht alle immer wieder auf deren thematisch ja eher eng begrenzte Diskursvorgaben anspringen würden. Denn mehr haben die nicht zu bieten. Und glaub mir, den Menschen ist ihr alltägliches Überleben und gutes Leben im Alltag unterm Strich wichtiger als das Thema Ausländer und Migranten. Also, wohin mit all der Energie? In die Themen, die AfD und Konsorten nicht mal im Ansatz abdecken können. Dann wird das auch was mit der Solidarität und dem Zusammenleben. Denn da gibt es mehr Verbindendes denn Trennendes. Kann man sehr gut auf kommunaler Ebene beobachten. Sollten wir lernen von. "

(Auszug aus einem Chat)
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Ich falle übrigens auch immer wieder und wieder drauf rein. Weil ich zu viele Bilder von der Zeit zwischen 1933 und 1945 im Kopf habe. So schreckliche, unfassbare, nicht zu verarbeitende Bilder. Jede unverschämte, unglaublich anmaßende Ansage aus dem rechten Spektrum bringt mich deshalb von Null auf Gleich auf 150 vor Zorn. Das kostet viel Energie, zu viel für diesen Rotz.

Ich arbeite dran.