28.7.19


Ich mag Winter und Schnee nicht und doch träumte ich heute Nacht, auf der Bank vor dem Haus, weil es dort allemal ein Stückchen kühler war als in den überhitzten Räumen, von der Schneekönigin, der Liebreizenden, die mich in Eis und Schnee badete. So weit ist es nun schon. *snief

26.7.19

X Faktor


Da immer noch 32° in den Räumen und ich den Anpassungsprozess nicht in dieser Schnelle vollziehen kann (bin ja kein Evolutionsturbo), den ganzen Nachmittag mit YouTube und Musik hören verbracht. Dabei bin ich auch auf die Zusammenschnitte diverser X-Faktor Sendungen gestoßen.

Klar, das Format an sich, die Verarschung der TeilnehmerInnen und vom Publikum, die dreisten Lügen, die Gelddruckmaschinerie – geschenkt.  Was mich jedoch beim Ansehen fasziniert hat, war die Vielfalt der dort singenden Menschen. Ihre Herkünfte, ihr Können, ihr Mut, da aufzutreten. Sicher, eine Menge Pfeifen dabei, Rundreisende im Auditions Karussell.

Aber, die anderen, bei denen man, oft unerwartet, sieht, dass sie sich reinknien in ihre Musik und in ihre Vorträge, die ihnen wohl mehr bedeuten als nur die Teilnahme an so einer Show, und die so gar nicht den Mainstreamvorstellungen von SängerInnen entsprechen – ja, die haben mir gefallen und die haben meinen Respekt.

Ich bin wieder in meiner Überzeugung bestärkt worden, dass in jedem Menschen so vieles steckt, was nie eine Chance bekam hervorzubrechen und sich zu entfalten.


„Kommst du mit zur Klimademo?“

„Du weißt, dass ich von dem Klimakrisegedöns nicht viel halte.“

„Komm doch mit. Vielleicht lernst du was Neues.“

„Ne, lass mal. Ist auch viel zu heiß. Vierzig Grad. Tut mir nicht gut.“

„Ach?!“

Sei, wie du bist!


Es gibt so Sätze, wenn ich über die nachdenke, dann bekomme ich Knoten im Gehirn: "Sei, wie du bist!" oder "Sei du selbst!" zum Beispiel.  

Wer bin ich denn? Tausend sich widersprechende Puzzleteile. Dunkle Schatten, hellstes Licht. Dazwischen sich lustig tummelnd alle Schattierungen in allen Farben. Manches offenbart, einiges gelöst und transformiert. Vieles wartet noch am Schalter der Reflexion.

"Du bist der Regisseur deines Lebens." Bei sowas denk ich immer an "Und weil der Mensch ein Mensch ist, drum braucht er was zum Fressen bitte sehr. Es macht ihn ein Geschwätz nicht satt, das schafft kein Essen her."

Da soll ich dem alten Mann, dem gerade nach 46 Jahren die Wohnung gekündigt wird oder der jungen Frau nach der dreihundersten Bewerbung, dem dritten Hausbesuch vom Jobcenter und der letzten Abmahnung wegen Rauchen in der eigenen Wohnung sagen: "Sei jetzt mal ganz du selbst! Handle mal ganz aus deinem Bauch raus! Bleib mal ganz bei dir!" Bestenfalls bekomme ich eine gewischt.

Das waren dann wohl die falschen Adressaten für diese Sprüche Die können sich solche Sprüche eh nicht leisten. Und die, die sie sich leisten könnten, die brauchen sie eigentlich nicht. Also was soll das dann?

Politikverständnis


„Sie haben aber auch nicht viele politisch organisierte Leute auf ihrer Freundesliste, Frau Müller. So wird das nichts mit Ihren Netzwerken.“

„Sie irren sich. Alle meine Bekannten sind in irgendeiner Art und Weise höchst politisch unterwegs. Die eine rettet Tauben, der andere Kinder. Die eine pflegt ihre Mutter, der andere kauft für die Nachbarin wöchentlich mit ein. Der eine organisiert Kinderfeste, die andere begleitet Menschen aufs Amt. Die eine hat immer ein offenes Ohr, der andere hilft dem kranken Bauer die Ernte einzubringen. Die eine bietet Busfahrten in die Stadt an, der andere zu Demos gegen rechts. Der eine ist bei der freiwilligen Feuerwehr, die andere macht täglich Krankenbesuche. Der eine holt die Kinder der kranken Nachbarin vom Kindergarten ab, die andere hängt Obst an den Gartenzaun … . Könnte ich als so weiter machen.“

„Ein sehr altmodisches Bild von politischer Arbeit, Frau Müller!“

„Alt? Nein, das ist die Basis von allem Guten in meiner Welt. Ohne diese Menschen gäbe es nichts, für dass es sich lohnen würde zu kämpfen und zu streiten. Sie sind der Boden und die Wurzeln jedweder organisierten politischer Arbeit. Berufspolitiker wie Sie vergessen das oft und immer öfter, oder hatten gar nie einen wirklichen Zugang dazu. Darum wird das auch nichts mit Ihrer Partei.“

„Wir haben sehr viel erreicht in den letzten Jahren!“

„Ja klar. Gesichertes Einkommen vom Feinsten, neues Auto, dreimal Urlaub im Jahr. Und die Frau Gemahlin trägt nur noch Designerklamotten. Oh, ich denke, Ihr Haus ist jetzt auch bald abgezahlt, oder?“

„Jetzt werden Sie aber persönlich, Frau Müller!“

„Politik ist immer persönlich. Immer!“

23.7.19


Gilt immer noch:

Warum diskutiere ich mit Menschen, die nicht meiner Meinung sind? Warum sind so viele Menschen mit unterschiedlichen Haltungen und Weltanschauungen in meinem realen Bekanntenkreis und auch in der virtuellen Welt auf meinen Kontaktlisten?

Weil ich das so will.

Weil mir diese Gespräche Spaß machen und viele auch sehr lehrreich und bereichernd für mich sind.

Weil ich die Weisheit nicht mit dem Löffel gefressen habe und mich in manchen Dingen auch irren kann. Und ich mich ab und an in meinem Leben mächtig lehrreich verrannt habe.

Weil ich meine Grenzen sehr genau kenne und diese auch allen gegenüber bei Bedarf setzen und einhalten kann.

Weil ich manche dieser Menschen persönlich kenne und ich, bei allen Differenzen, die wir so hier und da haben, weiß, wäre ich in Not, dann würde ein gehauchtes "Hilf mir" reichen und sie würden Himmel und Hölle in Bewegung setzen um mir zu helfen.

Darum.

21.7.19


"Es gibt eine tolle App, Frau Müller. Die zeigt Ihnen, wie Sie mit 60 aussehen werden!"

"Ähm. Aus dieser Zeit habe ich schon Fotos von mir."

"Aber diese geile App!"

"Schade, dass es keine gibt, die einem quasi synchron durch kreischende Piepser mitteilt, wenn die eigene Denkfähigkeit spontan aussetzt. Das wäre affengeil. Obwohl, wohl eher Lärmbelästigung bei Dauertönen im Umfeld."


„Keinen Kommentar von Ihnen zum Gedenken an Herrn von Stauffenberg, Frau Müller?“

„Er war ein Nazi durch und durch und hundertprozentiger Antisemit. Was sollte ich mehr dazu sagen?“

17.7.19


„Zum ersten Mal wird eine Frau EU-Kommissionschefin. Das müsste Sie doch freuen, Frau Müller!““

„Was hat das Geschlecht mit Integrität, Kompetenz, Aufrichtigkeit, Menschenfreundlichkeit und Ähnlichem zu tun? Ausgerechnet in der Politik. Wir hatten und haben da einige Damen weltweit, die sich an Inkompetenz, Erbärmlichkeit, Grausamkeit, Machtgier und Menschenrechtsverachtung locker mit männlichen Probanden der gleichen Güte messen konnten und können. Ne, hier gibt es keinen Frauenbonus von mir.“