29.11.17

„Seitdem es so viele Flüchtlinge und andere Ausländer bei uns gibt, steigt die Gewalt gegen Frauen auf der Straße und überhaupt! Keine Frau traut sich abends noch raus.“

„Ähm, ich bin jetzt 61 Jahre alt und als Mädchen und Frau habe ich viel erlebt hier in meinem Land. Männer haben mich beleidigt, diskriminiert, vergewaltigt, ausgeraubt, nieder gestoßen, bevormundet, belogen, bedroht. Ich habe dabei keine gravierenden Unterschiede aufgrund von Herkunft, Status, Ethnie, Reichtum oder Armut oder sonst irgendwas erkennen können. Das einzige Merkmal, was sie alle einte: Sie waren männlichen Geschlechts und Arschlöcher. Ne, komm mir also nicht damit, dass seit 2015 irgendwas grundlegend neu oder anders wäre. Ist es nicht, so gar nicht.“

28.11.17

Im politischen Diskursen geht es oft hart zu. Ja, auch ich halte mich da mit klaren und eindeutigen Aussagen nicht zurück.

Doch, es geht mir um die Sache. Manchmal bin ich jedoch so zornig, dass auch ich die Contenance verliere.  

Das ärgert mich dann im Nachhinein.

Denn es gilt, zumindest für mich: Die Würde des Menschen ist unantastbar. Menschenrechte gelten für alle Menschen. Ohne Wenn und Aber.

Ein nicht endendes Ringen darum. Wieder und wieder. Fehltritte inklusive. Anstrengend. So anstrengend.  Aber, richtig.

Nachsicht, wenn es nicht immer klappt.

Danke!  

25.11.17

Immer wenn es um das Thema „Gewalt gegen Frauen“ geht, kommt mit schöner Regelmäßigkeit irgendwann das Argument, dass auch Frauen Gewalt gegen Männer ausüben.

Keine Frage, das stimmt. Und richtig ist auch, dass es männlichen Opfern richtig beschissen geht, es wenig Anlaufstellen und Hilfe für sie gibt und ihre Traumatisierung der weiblichen in nichts nachsteht.

Allerdings geht mir dann auch jedes Mal durch den Kopf, dass ich persönlich in den letzten 2500 Jahren keine größere Gesellschaft kenne, in denen die Rechte der Männer zugunsten von Frauen beschnitten wurden. Ebenso wenig kenne ich Gesellschaften, in denen ausschließlich Frauen die Gesetze machen, die nur Männer betreffen oder in denen die körperliche Unversehrtheit des Mannes dem Willen von Frauen und Familie unterliegt und das Verfügungsrecht über Körper und Eigentum des Mannes den Frauen rechtlich garantiert würde. So lebten und leben aber immer noch Millionen von Frauen. Das prägt. Sowohl die Frauen als auch die Männer in diesen Gesellschaften.

Die gleichen Rechte für Männern und Frauen wurden in vielen Ländern mittlerweile hart erkämpft. Sie stehen nun auf dem Papier, die gleichen Rechte, und werden mühsam in den Alltag übertragen. In vielen, vielen Köpfen jedoch sind sie noch gar nicht angekommen. Da dümpelt man noch in den „guten“ alten Zeiten herum. Deshalb ist die Mehrheit der Opfer, auch bei uns, eben immer noch weiblich. Und darum ist es weltweit und auch bei uns immer noch vor allem ein Männerproblem.  

21.11.17

Man vereinbart, sich zusammen an einen Tisch zu setzen und zu besprechen, ob man eine längere Zeit, unter welchen Bedingungen, zusammenarbeiten könnte. Man bildet quasi ein Team, um festzustellen, was geht und was nicht. Dann stellt man fest, dass das für einen überhaupt nicht geht. In der Regel sagt man das dann im Team, hört zu, was die anderen dazu sagen und stellt dann gemeinsam fest, dass es eben nicht funktioniert. Und man geht zusammen nach draußen und verkündet gemeinsam das Ergebnis. Also, von verschiedenen Projekten mit den unterschiedlichsten Trägern kenne ich das nur so. Danach kann jeder für sich nach innen und außen darstellen, woran es hakte. Das kann dann auch manchmal hart und heftig zur Sache gehen. Warum auch nicht.
Man schmeißt aber doch nicht einfach mit ein paar kurzen Sätzen hin und gibt dann draußen alleine bekannt, dass man nicht mehr mitmachen will, weil die anderen ja so blöd sind und man selbst so toll. Ich fände das unanständig und respektlos. Ich bin mir auch sicher, dass ich dann mit diesem Träger in Zukunft nicht mehr zusammen arbeiten wollen würde. Ich hätte kein Vertrauen mehr.
„Frau Müller, ein Kommentar von Ihnen zu dem überraschenden Ende der sogenannten Sondierungsgespräche?“

„Nein. Meine Themen kamen in den Gesprächen doch gar nicht vor: Armut, konkrete Arbeits- und Lebensbedingungen, Kinderrechte, Fluchtursachen, Renten, Waffenhandel, Gesundheitssystem, BGE, Schulsystem, Wohnungsnot, Inklusion, Kinderschutz und vieles mehr. Von fehlender, selbstkritischer Reflektion oder einem sachlichen Disput über nachhaltige, neue Gesellschaftsentwürfe ganz zu schweigen. In meinem Namen hat da niemand gesprochen oder irgendwas verhandelt. Alles wie gehabt. Also, was sollte ich da konkret wie und warum kommentieren?“

12.11.17

Wenn ich so mit KleinMadame unterwegs bin:

Die meisten Erwachsenen zuppeln laufend an ihren kleinen Kindern rum. Da bleibt nix unkommentiert, alles bekommt einen ermahnend nölenden Hinweis in hochgeschraubter Stimmlage. Ich würde deppert werden, wenn jemand die ganze Zeit so mit mir kommunizieren würde. Wie anstrengend muss das für ein kleines Menschenwesen sein unter diesem meckernden Dauerfeuer ein gesundes Selbstbewusstsein zu entwickeln. Die 24 Stunden Botschaft lautet: Das was du machst und tust und bist, ist so nicht in Ordnung.


Das dahinter stehende Kind- und Erziehungsbild ist immer noch das gleiche wie Anfang des letzten Jahrhunderts: Das Kind als unvollkommenes Wesen, das ähnlich eines Baumschösslings gezurrt und gezerrt werden muss durch pädagogische Maßnahmen, damit es, zu seinem Wohle, in die gewünschte Richtung wachse. Mit dem Rattenschwanz an Projektionen, Idealen, Stellvertreterfunktionen von und für seine Erwachsenen.

10.11.17

Darum
Weil unsere Freundlichkeit größer ist als ihr Hass.
Weil wir gar nicht groß drüber nachdenken,
sondern mit Selbstverständlichkeit Selbstverständliches tun.
Weil wir die sind, die wir sind. Und weil wir viele sind.
Darum.  
Lassen wir uns den Blick nicht trüben, nur weil um die
rechten Pupser so ein medialer Hype gemacht wird.
Lasst uns unsere Geschichten, unsere Realitäten,
unsere Wahrheiten in den Raum werfen. Reden wir drüber.
Lauter. Deutlicher. Offener. Mehr.
Damit die ermutigt werden, die sich ihrer selbst noch unsicher sind.
Damit die leisen Unermüdlichen eine angemessene Stimme bekommen.
Denn diese sind so viele in diesen Tagen und sie sind wahrhaftiger als das wiederkäuende Gegrunze der vorgeblich so besorgten Bürger.
Darum.

"Frau Müller, Sie können besorgte Bürger doch nicht Pupser nennen!"
"Ähm. Doch. Kann ich."
"Gar nichts von Ihnen zu den Koalitionsverhandlungen? Nichts zu Jamaika, Frau Müller?"

"Alles Wesentliche schon gesagt worden. 1919, vom Herrn Tucholsky. Mehr fällt mir dazu auch nicht ein."

"Nun, Sie können das doch nicht miteinander vergleichen, Frau Müller!"

"Stimmt."

"Na sehen Sie, manchmal sind Sie ja doch ganz handsam einsichtlich." 

"Die Namen der Beteiligten, die sind anders, stimmt. Aber die konnte und kann ich mir eh nicht merken."  

8.11.17

„Warum regen sich die Leute nicht über die ganzen Steuerflüchtlinge auf? Sind die deppert?“

„Nein, die sind nicht deppert, die träumen ganz tief in sich drinnen, dass sie irgendwann auch mal zu denen gehören könnten. Und man will sich ja nicht selbst ans spätere Bein pinkeln.“

„Na, das ist aber sehr wohl deppert!“

„Spielen Sie Lotto? Wenn ja, das ist in etwa der gleiche innere Gemütszustand.“

6.11.17

Auch das. Immer noch:

Ich bin von Haus aus Pädagogin mit mehreren Zusatzausbildungen. Dazu gehören unter anderem eine Gestalttherapeutische Ausbildung, eine Ausbildung in Sucht- und Präventionsberatung, Weiterbildungen in den Bereichen Familien-, Gesprächs- und Sexualtherapie, Psychodrama, NLP und, und, und ... Erfahrungen in den unterschiedlichsten Berufsfeldern und immer weiter und wieder lernen, was ja in meinem Alter nix besonderes ist.

Seit einigen Jahren arbeite ich, neben der allgemeinen Therapie und dem Coaching, auch wieder als Sexualcoach/Sexualtherapeutin mit einer oft sehr speziellen Klientel. Da ich mich selbst für eine Weile in der Fetisch- und BDSM-Szene bewegte, sowohl Bi bin als auch Poly lebte, ergab es sich wie von selbst, dass mich vermehrt Menschen ansprachen, die mit ihren Neigungen/Veranlagungen in irgendeiner Weise „Probleme“ bzw. einen gewissen Leidensdruck hatten und mir vertrauten.

Anscheinend bin ich verdammt gut in dieser Art von Begleitung und Zusammenarbeit. Das sprach sich rum und irgendwann entschied ich mich dazu, dies wieder professionell anzubieten.

Meine Klienten kommen oft zu mir mit dem Wunsch „mach es weg!“, oder sie kommen zu mir mit der großen Sehnsucht nach Ausleben und endlich SoSeinDürfen und finden den Weg nicht. Manche kommen auch, weil sie sich in der Szene nicht wirklich wohl fühlen und ahnen, dass sie sich da etwas antun bzw. versuchen zu sein, was sie eigentlich gar nicht sind. Manch andere leiden unter der von ihnen vermuteten „Perversität“ ihrer sexuellen Wünsche und Fantasien. Andere haben im höheren Alter noch niemals irgendwelche sexuellen Erfahrungen gemacht (Absolut Beginners) und andere haben in ihrer Beziehung einen momentanen, auch sinnlichen Leerlauf (Paartherapie). Und. Und. Und. Die Beweggründe mich aufzusuchen sind in diesen Bereichen immer vielfältig und immer einzigartig, so wie eben jeder Mensch einzigartig und etwas ganz Besonderes ist.

Dementsprechend sieht auch meine Arbeit und Begleitung aus. Individuell und immer genau auf diesen einen speziellen Menschen angepasst. Durch meine Lebenserfahrungen und meine vielen Aus- und Weiterbildungen verfüge ich über eine ziemlich große „Werkzeugkiste“ und in die greife ich dann rein und finde für jeden Menschen das Passende.

Es gibt jedoch ein paar Grundsätze, die Basis meiner Arbeit sind:

Menschen, die eine medikamentöse Unterstützung, ambulante Betreuung oder gar einen Klinikaufenthalt benötigen, werden von mir in kompetente Hände weiter empfohlen/begleitet.

Sexualität und Sinnlichkeit haben in meiner Welt unendlich viele Facetten. Gemeinsam erarbeite ich mit meinem Gegenüber einen Blick auf diese Vielfältigkeiten und übe und erprobe eine spielerische Flexibilität in den eignen Denk- und Handlungsmustern. Die Wahrnehmung/das Wahrnehmen von unzähligen Wahlmöglichkeiten ist immer Teil der gemeinsam erarbeiteten Zielsetzung.

Wer mit mir zusammen arbeitet, dem gehört meine ganze Aufmerksamkeit. Deshalb stehe ich meinen Klienten auch rund um die Uhr zur Verfügung.

Ich nehme nur wenige Klienten an, damit ich jedem die Achtsamkeit und Aufmerksamkeit, die individuell für eine zügige! und kompetente Zielerreichung benötigt werden, zukommen lassen kann. Gleichzeitig bin ich flexibel genug, um jederzeit für Notfälle ansprechbar zu sein.

Ich bin immer und in jedem Fall lediglich Begleiterin in der Welt meines Klienten. Ich achte und schätze es, dass mich mein Gegenüber in seine Welt einlädt und mir erlaubt eine Weile an seiner Seite durch seine Landkarte zu wandeln.

Meine Arbeit ist wertvoll und in Teilen einmalig. Sie hat ihren Preis. Für viele ist der materielle Preis oft viel zu hoch und sie meinen, sich mich nicht leisten zu können. Hier gilt der Grundsatz, dass manche meiner Klienten aufgrund ihrer Stellung sehr viel und gerne bezahlen können und ich somit genügend Kapazitäten habe, um in anderen Fällen individuell angemessene Konditionen vereinbaren zu können. Dies halte ich transparent. Alles eine Frage der offenen Kommunikation. Flexibilität auch in diesem Bereich.

Ich liebe meine Arbeit.

4.11.17

Jetzt regen sich viele Männer darüber auf, dass andere Männer vielleicht zu Unrecht des sexuellen Missbrauchs oder der Belästigung beschuldigt werden. Das tut mir für die betroffenen Männer echt leid. Vielleicht bringt das aber die Aufgeregten jetzt endlich dazu dafür zu sorgen, dass weltweit Gewalt gegen Frauen und Kinder von Männern durch Männer endlich in der Männerwelt geächtet und im nahen Umfeld vehement bekämpft wird. Wenn Männer nämlich Männern konsequent auf die Finger klopfen würden, meint sie zur Rede stellen, es sich verbieten, laut und deutlich dagegen angehen, aus Seilschaften rigoros rausschmeißen oder anzeigen würden, dann würde sich vielleicht endlich grundsätzlich etwas ändern.

2.11.17

„Frau Müller, schauen Sie sich Filme an, lesen Sie Bücher, goutieren Sie Kunstwerke und Musikstücke auch von Menschen, von denen sie wissen, dass diese menschlich versagt haben. Also Betrüger, Lügner, Gewalttäter waren?“

„Ja. Ich habe schon sehr früh in meinem Leben diese Entscheidung getroffen ( war übrigens Karl Marx, der mich dazu brachte) und ich habe sie mir nicht leicht gemacht und komme auch immer wieder an meine Grenzen dabei. Ich trenne zwischen Werk und Autorin/Autor, etc., und nehme aus ihren Werken das mit, was mit genehm ist. Das ändert jedoch nichts daran, dass ich ihr allgemeines oder spezielles Tun aufs heftigste kritisieren und ablehnen kann. Das sind für mich persönlich zwei ganz unterschiedliche Ebenen. Ganz pragmatisch: Wenn ich diese Trennung nicht vornehmen würde, dann würde mir eine Menge an Wertvollem, ja allereigentlich fast alles, aus dem literarischen, künstlerischen, philosophischen Schaffen der Menschen in Geschichte und Raum entgehen. Banales Beispiel: Alice Miller. Sie hat wunderbare Türen zum Verständnis von Gewalt gegen Kinder eröffnet und war doch selbst eine erbärmliche, vernachlässigende Mutter.  Trotzdem halte ich ihre Texte für wesentlich und in Teilen wunderbar. Oder nehmen Sie andere Beispiele, die Ihnen persönlich wichtig erscheinen. Würde ich nicht trennen, dann wäre ich viel ärmer an Wissen und Verständnis.“