3.6.12


Vor einigen Jahren entdeckte ich, durch Kinder ans Haus gebunden und durch ebensolche auf den Geschmack und die Technik von PC und Internet gebracht, eine für mich neue Welt: Die virtuelle Welt. Jesses, da Sprache mein Medium ist und Bilder im Kopf mein Zugang zur Welt, war dies wie eine Reise in ein neues, wunderbares Universum.

Ich habe diese Welt naiv, neugierig und atemlos erkundet und exzessiv in Sprache und Bildern gebadet. Und ich habe unter anderem eine Subwelt, eine Nische dort gefunden, die manchen alten und neuen inneren Bildern in mir Worte gegeben hat. Die sogenannte BDSM-Szene, unter anderem auch die SZ.

Das war pima und sehr aufregend erregend. Ich war hungrig und ich aß mich satt an all den Diskursen, Gesprächen, dem schriftlichen Austauschen. Bilder in Sprache fassen, theoretische Konstrukte bis zum Grunde durchdenken und die dazugehörigen Worte ins reale Leben herüber holen und dort zu schmecken, zu prüfen, zu verwerfen, in den eigenen Lebensentwurf real hinein zu nehmen und die neuen Bilder wieder in Sprache in die virtuelle Welt zurück fließen lassen. Schnell, atemlos, experimentierend, zwischen beiden Welten hin und her rasend. Laborratte und Forscherin in einer Person. Jesses, war das geil.

Natürlich war abzusehen, dass dies alles irgendwann ein Ende in dieser Form und Schwerpunktsetzung haben würde. Weg und Ziel sind Prozesse, die sich durch Tun/Bewegung ständig verändern und sich permanent neu selbst erschaffen.

Mittlerweile hat die virtuelle Welt diesen Zauber für mich verloren. Das Internet ist für mich zu einem Informations- und Kommunikationsmedium unter vielen anderen geworden. Nicht mehr wegzudenken, aber auch nicht mehr so magisch verzaubernd. Ein tolles Hilfsmittel. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Auch die Nische des BDSM ist als solche keine befruchtende mehr für mich. Das was mir vor Jahren noch als neu und aufregend erschien, hat sich mittlerweile mit meinen Lebenserfahrungen, meiner Geschichte, meiner Persönlichkeit vermischt. Der Hauch des „Besonderen“ hat sich verflüchtigt. Vieles, was mir in der Sprache und in den Gedankenwelten  des BDSM als Neuland erschien, stellte sich mittlerweile als Altbekanntes heraus. Manches exklusive virtuelle SM-Gedöhns entpuppte sich im realen Leben als die bekannten (zwischen)menschlichen Fragen und Stolpersteine und die Antworten finden sich für mich eher in anderen Bereichen des menschlichen Denkens und Forschens und Wachsens denn in der Nische des virtuellen und realen BDSM.

So bleibt SM für mich ein Teil meiner Persönlichkeit, der allerdings mittlerweile integriert ist in viele andere, grundlegendere Bereiche meiner Person und meines Lebens. Eine Option, eine Möglichkeit, eine Bereicherung unter vielen anderen halt. Der Zauber der Exklusivität ist verschwunden und damit auch deren Begrenzung und Einmauerung. Eine für mich subjektiv völlig gesunde und freudig begrüßte Entwicklung.

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