„Frau Müller, Sie haben in den letzten Jahrzehnten immer
wieder mal geschrieben „Das Leben ist
schön!“. Würden Sie das heute, angesichts der aktuellen politischen Lage
weltweit und im eigenen Lande, immer
noch sagen?“
„Ja natürlich sage, denke und fühle ich das heute noch
genauso. Gerade heute. Ich habe nie behauptet, dass das Leben an sich in und
auf dieser Welt ein ausschließlich kuscheliges sei. Schmerz, Leid, Enttäuschungen,
Verluste, Unsägliches – jeder Mensch wird damit im Laufe seines Lebens in der
einen oder anderen Weise konfrontiert. Und lernt, so oder so, damit umzugehen. Das
Leben nicht zu feiern und wunderschön zu finden wäre Verrat an all den Menschen,
die sich trotz all dem Mist, der Not, dem Unrecht, dem Elend immer wieder
voller Hoffnung dagegen auflehnen, weiter machen, tanzen und singen und lieben,
die Tag für Tag aufs Neue um ihre eigene Menschlichkeit ringen, um dann wieder
und wieder dem Nächsten über alle Grenzen, allen Vorurteile, allem „Das macht
man nicht, das darf man doch nicht!“ hinweg einfach die Hand zu reichen. Und
diese Menschen gibt es ja. In jedem Land, an jedem Ort, zu jeder Zeit in dieser
bekloppten Welt gibt es sie. Und es sind nicht wenige. Ganz im Gegenteil.“
„Na ja, das klingt jetzt aber sehr optimistisch. Überall
lesen und hören wir von Mord und Todschlag, von Korruption, von Ausbeutung, von
Kriegen, von Umweltzerstörungen und vielem mehr. Sind Sie nicht ein wenig
blauäugig mit Ihrer Haltung, Frau Müller?“
„Klar, wir lesen darüber und hören davon. Jeden Tag. Die Meldungen
überschlagen sich. Eine reißerischer als die andere. Und ja, all das gibt es. Viel
zu viel davon und viele stecken mittendrin. Und? Dann geh ich raus und schau
mich um in der realen Welt. Und dann sehe ich, wenn ich es denn will, in all
dem Dreck immer und überall auch den einzelnen Menschen, der ohne groß
nachzudenken, einem anderen Menschen hilft, beisteht, begleitet für eine Weile.
Der teilt und abgibt ohne aufzurechnen. Der Zeit verbringt mit Tun und Machen,
ohne an den materiellen Lohn auch nur einen Gedanken zu verschwenden. Der nicht
protzt damit und sich nicht dafür ins Rampenlicht drängelt. Der einfach nur
macht. Aus dem Bauch heraus. Einfach so. Weil es sich gut und richtig für ihn
anfühlt. Und ich sehe diesen Menschen und seine Herkunft, seine politische
Haltung, seine Religion sind mir in diesen Augenblicken sowas von völlig egal
und unwichtig. Es gab und gibt sie überall. Ich meine wirklich überall. Das hat
mich das Leben nämlich in den letzten Jahrzehnten gelernt. Und deshalb sage ich
auch in diesen Zeiten, trotz und gerade und erst recht: Das Leben ist schön.
Punkt.“
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