„Macht Sie das aktuelle Weltgeschehen nicht depressiv, Frau Müller?“
„Nein. In meinem Leben gab es Algerien, Vietnam, Kambodscha,
Korea, Chile, Ruanda, Diktatur in Griechenland, Biafra, Bosnien, Jemen… … und,
und, und. Allein die Auseinandersetzung mit der NS Zeit war schon
traumatisierend. Ich lernte sehr früh, was der Mensch dem Menschen anzutun
imstande ist. Allerdings erlebte ich vieles davon in einem sicheren sozialen
Kontext und unter Menschen, die das gleiche oder ein ähnliches Weltbild hatten
wie ich. Das war unterstützend und aufbauend.
Was mich heute erschüttert ist, dass man sich all dem Dreck
und dem irrsinnigen Hassgeplärr durch die und in den neuen Medien kaum
entziehen kann, wenn man sich halt auch dort aufhält. Und dass man die
Unverfrorenheit und Verlogenheit der Mächtigen und Gierigen quasi live mitschneiden
kann. Diese Wogen der menschenverachtenden Haltungen und Taten überrollen mich
oft. Auf der anderen Seite gibt mir die Vielfalt der Äußerungen und
Informationen dagegen, die sich eben auch in der virtuellen Welt zu Hauf finden
lassen, jedes Mal auch ein Gefühl und eine Bestätigung von Hoffnung. Die Welt
und der Mensch sind eben nicht schwarz-weiß. Also bleibe ich, unterm Strich
optimistisch und hoffnungsvoll.“
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