19.8.21

„Macht Sie das aktuelle Weltgeschehen nicht depressiv, Frau Müller?“
 
„Nein. In meinem Leben gab es Algerien, Vietnam, Kambodscha, Korea, Chile, Ruanda, Diktatur in Griechenland, Biafra, Bosnien, Jemen… … und, und, und. Allein die Auseinandersetzung mit der NS Zeit war schon traumatisierend. Ich lernte sehr früh, was der Mensch dem Menschen anzutun imstande ist. Allerdings erlebte ich vieles davon in einem sicheren sozialen Kontext und unter Menschen, die das gleiche oder ein ähnliches Weltbild hatten wie ich. Das war unterstützend und aufbauend.
Was mich heute erschüttert ist, dass man sich all dem Dreck und dem irrsinnigen Hassgeplärr durch die und in den neuen Medien kaum entziehen kann, wenn man sich halt auch dort aufhält. Und dass man die Unverfrorenheit und Verlogenheit der Mächtigen und Gierigen quasi live mitschneiden kann. Diese Wogen der menschenverachtenden Haltungen und Taten überrollen mich oft. Auf der anderen Seite gibt mir die Vielfalt der Äußerungen und Informationen dagegen, die sich eben auch in der virtuellen Welt zu Hauf finden lassen, jedes Mal auch ein Gefühl und eine Bestätigung von Hoffnung. Die Welt und der Mensch sind eben nicht schwarz-weiß. Also bleibe ich, unterm Strich optimistisch und hoffnungsvoll.“

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