6.8.21

Spontane Zwischenbilanz wegen Dauerregen
 
Beim Nachdenken über so manche Gespräche in den letzten Tagen fiel mir auf, dass ich mich zeitlebens in bestimmten Welten gar nicht aufgehalten habe: Keine Versicherungen (außer normale Kranken, Renten, Arbeitslosen), kein Führerschein, kein Auto, kein Wohnungseigentum, kein Erspartes, keine Geldanlagen, keine besondere Altersvorsorge, kein gebuchter Urlaub, keine Gedanken über meinen Tod/Beerdigung, überwiegend Bekleidung vom Flohmarkt, keine Kosmetika und Wellnessdingens, Möbel vom Sperrmüll oder geschenkt, keine großartige (sich materiell auszahlende) berufliche oder politische Karriere, immer unter oder an der Armutsgrenze … mir würde bestimmt noch mehr einfallen.
 
Manche Menschen würden das wohl freundlich „gescheiterte Existenz“ nennen. Oder noch freundlicher „Oh, da hast du aber eine Menge verpasst!“
 
Hmmm … … fühlt sich nur nicht so an. Schau ich kritisch zurück, so stelle ich fest, dass ich, mit all meinem Wissen von heute, an all den wesentlichen Wegkreuzungen wieder die gleichen Entscheidungen wie damals treffen würde. So ist das.
 
Damit kann ich gut leben, denn auf der anderen Seite der Bilanz stehen so Dinge wie: Studium erfolgreich als Arbeiterkind, Fort- und Weiterbildungen in allen möglichen Bereichen, Reisen und Auslandsaufenthalte, Zufriedenheit in allen gemachten Jobs, paar Bücher veröffentlicht, tolle Kinder und Enkelkinder, gefragte Fachkraft in unterbezahlten Bereichen, fast alles ausgekostet was es so an Möglichkeiten und Vielfalt in Liebe, Sexualität, Beziehungen gibt, politische Aktivitäten wann es mir sinnvoll erschien, mit 65 relativ fit und gesund, weder müde noch hoffnungslos… … … und auch hier fallen mir bestimmt noch mehr Sachen ein.
 
Allerdings fehlt mir dann im Alltag doch oft das wirkliche Verständnis für so manche, subjektiv vom Gegenüber empfundene, alltägliche Problemlagen in den am Anfang genannten Bereichen. Das ist blöd. Fürs Gegenüber.  

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