26.3.13


Immer wieder treffe ich in den sozialen Netzen auf Umfragen alá "Wer will noch den Euro?" oder so leicht jammernde Aussagen wie "Mit der DM war alles besser!“... Ich weiß ja net in welchem Land ihr die letzten Jahrzehnte gelebt habt, aber, wenn ich mir so mein Leben anschaue, dann hat sich an meinem gesellschaftlichen Status nicht viel verändert, egal, ob wir DM hatten oder Euro haben. Klasse war Klasse und arm war arm und reich war reich und die Macht ging von oben nach unten und niemals anders herum.
Ich bin mir sicher, und Bauch und Gehirn sind sich da mal sehr einig, dass dieser ganze Hype um "Euro weg" ein Teil bzw. ein Ausfluss der Gehirnwäscherei durch die Berichterstattung ist: Es lenkt vom Eigentlichen ab. Lenkt den berechtigten Zorn des größten Teils der Bevölkerung in eine falsche Richtung - der vermutete und herbei geredete Feind/Schmarotzer/Ausbeuter/Schuldige sitze in anderen Ländern; die Griechen, Italiener, Spanier, etc. seien dran Schuld und verstellt den Blick auf die eigentlichen Verursacher und! Gewinner dieser ganzen Kriserei: Die vorher und auch jetzt Reichen und Mächtigen und deren Vertreter. Verhindert wird die Erkenntnis: Ändern sich die Klassen- und Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft, dann sind Euro oder DM allereigentlich ziemlich egal.
Das ist übrigens auch das, was mich zornig macht und mich manchmal an meine Grenzen stoßen lässt in der therapeutischen Arbeit und in Gesprächen mit rosawolkentanzenden Kollegen und Kolleginnen: Manche meiner Klienten sind nicht psychisch "krank". Sie sind erschöpft, entmutigt, aufgerieben, hoffnungslos wenn sie zu mir kommen. Ihnen wurde und wird eingeredet, dass es an ihnen liegen müsse, dass sie es nicht richtig hinbekämen, sich ihr Glück und ihren Erfolg selbst fein zu schmieden. Das etwas falsch in ihnen sein müsse, dass sie halt irgendwie krank seien. Sie müssten doch nur gesunden und sich ein Ziel setzen, nur wirklich wollen und kongruent mit dem Himmel kommunizieren, dann würde sich schon alles artig und zu ihrem Wohlgefallen richten.
Sorry, das ist eine Verarsche hoch zehn und sie sitzt sooooo tief drin. Ich kann keine Arbeitsplätze schaffen, ich kann keinen bezahlbaren Wohnraum herbei zaubern, ich kann keine Bildungschancen herbei reden und ich kann Kriege und Ausbeutung nicht von jetzt auf gleich beenden. Das kann keiner alleine.
Was ich kann, ist: Ermutigen und ganz vorne anfangen mit der jeweils eigenen, aber auch der gesellschaftlichen Geschichte. Zusammenhänge entwirren und Wege aufzeigen, persönliches Glück anders zu definieren und Hilflosigkeit in kreativen Zorn zu verwandeln und etwas Altes ganz neu zu erlernen: Solidarität in einer Solidagemeinschaft.

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