Gestern den ganzen Tag in Frankfurt. Überall Polizei in
Massen. Zugenagelte Geschäfte – vor allem die, die keine Preisschilder in den
Auslagen benötigen – und verrammelte Banken und Sparkassen. Dazu in der
Innenstadt, da viele den Brückentag und das einigermaßen gute Wetter nutzten,
viele Menschen aus dem Umland und Touristengruppen auf der Zeil. Demonstranten
gab es auch. In kleineren Gruppen, da, sobald sie sich als Gruppe definieren
ließen, immer gleich aufgelöst wurde. Gefallen haben mir die musikalischen
Einlagen mitten auf der Zeil – da war Zeit zum Plaudern mit den Unbedarften und
Neugierigen. Erstaunlich fand ich dieses Nebeneinander von eifrigem Konsum und
Protest. Noch erstaunter war ich über die Uninformiertheit der meisten kurz
inne haltenden Zuschauer, aber auch über die zum Teil auffällige
Sprachlosigkeiten der Aktivisten bei wohlwollendem Nachfragen durch die
ersteren. Wir leben in einer überinformierten Gesellschaft, in der kaum einer
etwas wirklich weiß und dieses Wissen adäquat weiter geben/vermitteln kann. So erschien
es mir zumindest. In meinen Gesprächen traf ich, gerade bei älteren Menschen,
auf viel Wohlwollen, aber auch auf Hoffnungslosigkeit und Ohnmachtshaltungen. Und
viele fragten nach Flugblättern, Informationsschriften, Handzettel. Gab es aber
so gar nix. Ist das mittlerweile auch verboten, oder gehen die Aktivisten davon
aus, dass jeder twittert oder sich sonst wie im Internet informiert? Das wäre
allerdings eine dämliche Annahme. Was ist der Sinn einer Demonstration im
öffentlichen Raum? Meinung und Haltung kundtun, aber auch die bisher
Uninformierten über diese Meinung/Haltung verständlich zu informieren. Die Leute
da abholen, wo sie sich befinden – geschah so gar nicht. Irgendwie kreiselte
man etwas sehr um sich.
Das war es, unterm Strich, was mich traurig zurück ließ an
diesem Tag -> Den meisten Menschen in der Innenstadt ging das Anliegen der Demonstranten
irgendwie am Arsch vorbei, sie hatten gar keine Ahnung, um was es eigentlich
geht und eine Vermittlung, bei den Interessierten und Wohlwollenden, fand nicht statt.
Gefallen hat mir, die Freude und Freundlichkeit der
überwiegend jungen Protestler.
Etwas anderes, was mir beim Sitzen und Beobachten ins Auge stolperte:
Die sichtbare Schere zwischen Reich und Arm ist nirgends visuell so greifbar
wie auf der Zeil in Frankfurt. Ich habe zum Beispiel in all den Jahren noch nie so viele Menschen
gesehen, die Flaschen sammeln, Papierkörbe durchwühlen – darunter auffällig
viele, denen man Armut oder Obdachlosigkeit eigentlich auf den ersten Blick so
gar nicht ansieht.
Die Polizei? Ja, die war halt da. Einige freundlich; einige
sich fragend, was sie hier eigentlich sollen; einige wie geifernde Hunde, die
endlich von der Kette gelassen werden wollten. Manche, mit denen ich sprach,
konnten mir auch nicht erklären, um was es bei blockupy inhaltlich eigentlich
gehe. Irgendwas gegen Banken und Reiche, oder so. Jesses.
Verlierst
den Job, Dein Geld, Dein Haus und Deine Frau
Ersäufst
Dein Leid in Bier und Schnaps und glotzt TV
Kannst
Deinen Blick im Spiegel nicht ertragen
Doch
niemals würdest Aufstehen Du Dich wagen
Frisst
lieber Dreck, machst Dich ganz klein
Bleibst
still und leise und daheim
Machst
Schweigen Dir zum Himmelsboten
Denn
Demos, die sind ja verboten
Braver
Bürger, liebes Kind
Besorg
Dir schon nen Sarg geschwind
Dein
Leben rauscht an Dir vorbei
Du
bist ganz Vieles, nur nicht frei
Privatissimo fiel mir noch etwas auf, schlug sich mir quasi
unübersehbar ins Gemüt: Ich bin körperlich alles andere als fit und diese
Rumlauferei strengte mich überraschend mehr an, als ich erwartete. Deshalb kann
ich heute an der Demo nicht teilnehmen. Frau Müller, sie sollten, auch aus
poltischen Gründen und in Verantwortung für sich und andere, endlich mal etwas
für ihre Kondition tun. Verdammicht.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen