Manchmal bin ich traurig, dass ich nicht mehr gefragt
werde, ob ich mitgehen möchte. Nicht weil ich gerne mitginge, sondern weil mich
die Möglichkeit des SelbstEntscheidenKönnens freuen würde.
22.6.13
17.6.13
Was mir zu diesem Wort spontan einfällt ->
"Zivilcourage": Eier in der Hose, Mut, Mitgefühl, Position beziehen,
Widerstand, Solidarität, Über den eigenen Tellerrand schauen und gehen, Herz in
der Hand, Gesunder Egoismus, Gerechtigkeitsgefühl, Es gibt nur einen Grund
etwas zu verändern: Du hältst es einfach nicht mehr aus, Eigenverantwortung,
Liebe, Sich einsetzen, Verweigerung, Selbst Denken, Aufklären, Das Leben in die
eigenen Hände nehmen, Im Regen tanzen, Sich wehren, Zu den eigenen Überzeugungen
stehen, Standhalten, Gehorsam verweigern, Nein Sagen, Ja Sagen, Aufstehen wo
andere sitzen bleiben, Reden, schreiben wo andere schweigen, Nicht weg sehen,
Dableiben wo andere weglaufen, Hand reichen, Eigene Entscheidungen treffen,
Visionen, Konsequenzen selbstbewusst in Kauf nehmen, Freude und Lachen, Sich
seiner selbst bewusst sein, Sich nicht entmutigen lassen ...und ... und ?? ...
Oh, der Mut ... ja, dazu gehört wohl vor allem Mut.
16.6.13
Heute Nacht habe ich mich an meinen ersten Besuch in der
Türkei Anfang der siebziger Jahre erinnert. Wie jung war ich und wie naiv. In Van
(wie kommt man nur auf so ne Idee, da mit nem VW Bus hinzureisen? Jung,
unbekümmert, neugierig) hatten wir einen freundlichen älteren Herren, dem ein
kleines Ladengeschäft gehörte, in dem wir einkaufen wollten, kennen gelernt und
gingen dort öfters hin um plaudernd einen Tee zu trinken. Eines Abends waren
viele aufgeregte Leute und große Autos vor dem Geschäft und als ich mich nach
vorne durchgekämpft hatte, sah ich, wie martialisch aussehende Typen meinen
Bekannten mit Gewalt zu einem Transporter schleppten. Er blutete am Kopf und
konnte kaum laufen. Ich war so empört, so entsetzt, dass ich auf sie zu rannte
und wissen wollte, was denn los sei und verlangte, dass sie gefälligst stehen
bleiben und mit mir reden sollten. Ich bekam nen Schlag ins Gesicht, und, passt
auf, ich schlug reflexartig zurück und schrie dabei wohl, dass sie mit mir so
nicht umgehen könnten, denn ich sei Deutsche und solche Auftritte seien ja wohl der Hammer an
Unrecht. *andenkoppklatschend. Boah, war ich kindisch damals. Nachdem ich noch
ein paar Schläge abbekommen hatte und mich immer weiter in meine Empörung
hinein steigerte, zogen mich mehrere Frauen einfach weg und eine hielt mir schlicht
den Mund zu. Ich denke, ich hatte Glück damals. Unseren Bekannten haben wir
nicht wieder gesehen. Meine kindliche Empörung ist seitdem jedoch nie verebbt, Strategie
und Taktik im Umgang mit solchen Situationen haben sich allerdings danach sehr schnell
verfeinert. Das war ganz tief in meinem Gedächtnis vergraben, die Geschehnisse
in der Türkei von letzter Nacht haben es wohl hoch gespült und jetzt treiben die
Bilder mich um und vermischen sich mit den Bildern aus Istanbul. Dabei wird mir
wieder einmal klar: Es ist mir egal, wer da gerade an der Macht ist, welcher „Seite“
da jemand angehört. Wer da meint die Wahrheit gerade für sich gepachtet zu
haben. So geht Mensch mit Menschen nicht um. Es ist Unrecht, schlicht und
einfach nur Unrecht. Damals wie heute. Hier wie dort und dort und dort.
"Es gibt ein
Schweigen, das lügt."
Es gibt keine akzeptablen Gründen mehr da nicht
eindeutige Position zu beziehen. Für niemanden. Ich verlange von meinen
politischen "Vertretern", dass sie endlich klar, öffentlich und
eindeutig Position beziehen. Welche auch immer das nun sei.
15.6.13
Das treibt mich jetzt aber schon die ganze Nacht um:
Was mich ausgesprochen beunruhigt: Mir wurde in den letzten
Tagen mehrmals von unterschiedlichen Leuten in unterschiedlichen Kontexten
gesagt, dass das was ich sage zu kompliziert und/oder zu komplex sei. Jetzt empfinde ich das aber gar nicht so,
sondern habe eher das Gefühl, ich transportiere ja schon runter und vereinfache
bis zum Anschlag. Aber, wenn die Dinge nun mal komplexer sind, dann kann ich
sie so, wie sie von anderen dargestellt und formuliert werden manchmal einfach
nicht stehen lassen. Weil es für mich dann nicht auszuhalten wäre. Und weil oft
aus solchen oberflächlichen/einseitigen/eindimensionalen Sichtweisen in meiner
Welt ganz schreckliche Schlüsse gezogen werden könnten, deren Umsetzung ich
dann wiederum ablehnen müsste. … … … Auf der anderen Seite bin ich ja schon für das, was ich sage verantwortlich. Ich weiß
jetzt aber verflixt nochmal nicht, wie ich Dinge noch einfacher formulieren
soll, ohne dass der Inhalt verloren ginge. Mist verdammter. Ich könnt heulen
darob. Völlig traurig und hilflos. Ich
will doch, dass mein Gegenüber mich versteht. *snief
5.6.13
Schönheitswahn
und Überdruss
(Puzzleteile)
Die eine
kotzt sich die Seele aus dem Leib und die andere stopft sich mit Süßbatsch und
Fetttriefigem voll. Verhungern tun sie beide.
Körper und
Selbstwahrnehmung sind völlig verstört. Gib beiden ein Seil und lass sie ihren
Körperumfang damit als Kreis auf den Boden legen. Der eine ist viel zu groß und
der andere lächerlich klein. Nicht mal der Blick in den Spiegel hat die Macht
dieses Selbstbild zu korrigieren. Was für ein innerer Film läuft da denn ab?
Der eigene
Körper, entfremdet als Projektionsfläche für Modeschöpfer, Werbefachleute,
Diätpillenhersteller, Kosmetikfirmen und Showstars zur Verkündung von
Schönheitsidealen. Eigene Bilder werden damit so überlagert, dass die fremden
Schablonen als eben solche fast gar nicht mehr erkannt werden. Doch unser
Körper ist kein Satellit, der unabhängig und abgenabelt um uns kreist. Er wehrt
sich, er macht sich bemerkbar, er will zur Kenntnis genommen werden. Und dann
schmerzen die Schablonen, drücken und zwicken uns. Wir fangen an unseren Körper
zu bekämpfen. Schämen uns für ihn und vielleicht hassen wir ihn sogar. „Du bist
nicht perfekt!“ kreischen wir und malträtieren ihn mit Essensentzug oder
bestrafen ihn mit Mästung. Alle Gedanken kreisen, kreisen, kreiseln nur noch um
ein Ziel: Ich will so aussehen, wie die da auf dem Cover, der da in der
Castingshow, die da auf dem Laufsteg. Denn dann, nur dann werde ich geliebt,
hofiert, geachtet, wahrgenommen werden. Dann werde ich endlich glücklich und
zufrieden sein.
Boah, Leute,
das ist der geilste Werbegig überhaupt und macht ne Menge Menschen richtig
reich. Dich nicht. Du zahlst. Mit deiner verlorenen Selbstachtung, mit deinem
eingestampften Selbstwertgefühl, mit deiner Gesundheit, mit deinem
eingefrorenen Lächeln, mit deiner Unabhängigkeit, mit deiner Zukunft... und
natürlich mit ner Menge Geld.
Erinnert
dich das an irgendwas? Sklaverei? Ne, so übertrieben ist es nicht. Eher so, als
würdest du dem Sisyphos sagen: „Lass mich mal Mann, ich bekomm das schon hin
und dann gehen wir nachher einen trinken.“ Völlig an den Vorgegebenheiten
vorbei. Also hör jetzt endlich auf damit! Lass den Stein einfach liegen, dreh
dich um und vergiss ihn. Ist nicht dein Ding. Alles nur ein Kunstprodukt, in
Szene gesetzt auf Grundlage eines im Gehirn erzeugten idealen Schönheitsbildes.
Hat nix, aber auch gar nix mit Realität zu tun: Stundenlange Maske, super
Fotoequipment und absolut Hightech Bildbearbeitungsprogramme. Nicht mehr und
nicht weniger. Die Endprodukte würdest ohne all das Drumherum nicht erkennen,
auch wenn sie dir am Tisch gegenüber säßen. Lass es einfach sein, dich im Leben
an deren hyperrealen Vorgaben zu orientieren.

„Das ist
mein Körper! Er gehört einzig und alleine mir. Allein das macht ihn schon schön
und einzigartig. Die Verantwortung für ihn trage nur ich und die lasse ich mir
auch nicht nehmen. Guten Tag, auf Wiedersehen! ... Ach, und Frau Klum, ihr
Handtäschchen, da wir uns ja nicht noch mal treffen werden, nehmen Sie es doch
bitte gleich mit! Dankeschön!“
(Anmerkung:
Es geht dabei nicht um Menschen mit (psycho) somatisch bedingten
Krankheitsbilder, sondern um Otto und Ottilie Durchschnittsnormalbürger)
4.6.13
„Liebe geht durch den Magen!“ und frisst die verhungernde Seele
auf.
Lina ist acht Jahre alt.
Sie lebt mit ihrer Mutter in einer kleinen
Zwei-Zimmerwohnung.
Ihre Mutter arbeitet in Call Center.
Von morgens um sechs bis abends um fünf.
Lina geht in die Schule.
Lina ist dick.
Sagen die anderen Kinder.
Lina ist wohlgenährt.
Sagt die Mutter.
Dick Madame, Dampfwalze, Fettkloß.
Rufen die Kinder.
Mein Pummelchen, mein Sahnetörtchen, mein Zuckerstückchen.
Schmeichelt die Mutter.
Lina fühlt sich manchmal sehr alleine.
Aus all meiner Erfahrung als fetter Mensch kann ich für mich
nur sagen: Ich habe dieses Randgruppen und Diskriminierungsgeschreie satt. Fast
die Hälfte unserer Bevölkerung ist übergewichtig. Da ist nix mehr mit
Randgrupperei. Ich habe es ebenso satt, dass Menschen sich hinter dem Argument
der Diskriminierung verstecken, anstatt zu dem was sie sind zu stehen und
endlich eigenverantwortlich mit sich umzugehen.
Es macht mich zornig, wenn ich sehe, wie fette Menschen ihr!
Fett ohne Sinn und Verstand an ihre Kinder weitergeben und sich nicht
entblöden, dies auch noch mit selbstbetrügerischen Argumenten von "fett
ist schön und Fette leben länger" zu rechtfertigen.
Das hat mit Fürsorge und Liebe nix zu tun.

Damit keine Missverständnisse entstehen: In Bezug auf meine
Liebe, in Bezug darauf, wenn ich achte und respektiere, in Bezug auf meine Zärtlichkeiten
und meiner Zuneigung sind mir Kilos und Umfang und solche Dinge ziemlich
scheißegal.
Nicht egal ist mir jedoch, wenn ich meinen verquerten Umgang
mit meinem Hunger unverantwortlich an die Kinder weiter gebe.
Jedes Kind hat ein Recht auf eine gesunde und ausgewogene
Ernährung. Hier wie dort und überhaupt.
3.6.13
Dieses Bild hat mich heute Nacht verfolgt. Es dockt an so viele ähnliche eigene Bilder in mir an: Griechenland Anfang der 70er, Chile, Portugal, Türkei, Ruanda, Iran... und, und ... und noch so viel mehr und es triggert mich als Frau... Meine angebliche Frohnatur dreht sich dann um und verlässt leise weinend den Raum ... ... ... ... ... Doch der Zorn läuft ihr hinter her, nimmt sie an die Hand und flüstert: "Ich brauch dein Lachen, denn es nährt und schützt mich und schlägt die Wurzeln tief in ihr marodes Fleisch." ... ... Boah, Leuts, manchmal bin ich erschöpft.
Und Gewalt ist in meiner Welt eine Lösung für gar nix. Und auch wenn ich noch so zornig bin, da wehrt sich alles in mir dagegen, denn schau ich in die Geschichte von uns Menschen, dann sehe ich da nicht nachhaltig Gutes was jemals aus Gewalt entstanden ist. Und trotzdem schlag ich manchmal zu, weil es nicht zu tun, würde bedeuten zu sterben. Ein Scheißdilemma immer wieder und wieder. *seufz
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