5.6.15

Der Blick

In den fünfziger Jahren gab es immer diese Sirenen Übungen. Der starre panische Blick mancher meiner Erwachsenen und deren zitternden Hände währenddessen haben mich als Kind sehr erschreckt. Als junge Erwachsene sah ich den gleichen Blick in den Augen der chilenischen Flüchtlinge, wenn es an der Tür klopfte.  Und ich sah ihn später in den Augen von Folteropfern immer dann, wenn eine Stimme einen bestimmten Tonfall hatte. Ich sah ihn in den Augen kleiner Flüchtlingskinder zu Silvester und in den Augen alter Frauen, wenn man zu schnell auf sie zuging. Ich sah ihn bei den Frauen in den Sprechstunden, wenn Berührungen zufällig stattfanden. Und immer öfters sehe ich ihn heute, wenn ich unterwegs bin, in den Bahnen und auf den Ämtern. Ich werde diesen Blick nicht los. Er verfolgt mich, hat sich eingefressen in meine Seele. 

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