30.6.15

Immer mal wieder in Gesprächen. Es wiederholt sich anscheinend gerne:

„Frau Müller, glauben Sie nicht, es sei Ihrer professionellen Reputation sehr abträglich, dass Sie selbst immer mal wieder über Ihre eigenen Widersprüche, Zweifel oder Schattenseiten erzählen?“

„Ach, Sie meinen ich sollte mehr dieser verlogenen Marketingstrategie huldigen, in der ich meinen zukünftigen Klienten in meiner Person vorspielen solle, wie toll ich bin und was ich alles erreicht hätte. Damit diese den Schluss ziehen könnten, das läge an meiner strahlenden Weisheit und meinen eigenen, von mir gelebten, umgesetzten therapeutischen Konzepten? So von wegen: ‚Mir scheint genau die Sonne aus dem Arsch, die du auch gerne bei dir aufgehen sehen würdest?‘ Meinen Sie das?“ 

„Nun, vielleicht mit anderen Worten umschrieben, aber vom Inhalt her meine ich das, ja.“

„Wissen Sie, ich bin keine Maschine und ich bin kein Roboter. Ich bin sehr lebendig menschlich und dies beinhaltet auch, dass ich Widersprüche, Unaufgelöstes und seltsam Verquertes in mir trage, ab und zu umschichte oder abbaue und auch weiter ansammeln werde. Dies zu kommunizieren, aufzuzeigen, plaudernd darüber zu reflektieren, zu Unsicherheiten zu stehen und den Kopf nicht in den Sand zu stecken, genau das macht in meiner Welt Kompetenz aus. Es schafft Vertrauen, weil es zeigt, dass ich keine Wahrheiten horte und nicht in Weisheit gebadet bin, sondern menschlich unperfekt genau wie du und Du und Sie. Die Grundlage meiner gesamten Arbeit.“

„Ja, aber… !“

„Wie machen Sie das, so viel Zeit darauf zu verschwenden einer Perfektion hinterher zu hecheln, die es schlichtweg nicht gibt. Könnten Sie mir das kurz erklären? Ich finde das faszinierend“


(Ab dem Moment nahm das Gespräch einen persönlichen Verlauf, der nicht mehr in die Öffentlichkeit gehört.)

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