8.7.15

Im Laufe meines Lebens habe ich in Wohngemeinschaften, in Studentenwohnheimen, alleine in normalen Wohnungen und einige Jahre im Ausland gewohnt. Oft habe ich bei Auszügen fast alles zurück gelassen und ganz neu angefangen. „Fast“ und das ist sonderbar, denn mitgeschleppt über all die Jahrzehnte habe ich, nachdem ich mich mal in meinem jetzigen Hausstand umgesehen und nachgedacht habe, folgende Gegenstände: Einen gusseisernen Schraubstock, ein ebensolches Zweibein (Schuhmacherwerkzeug), ein altes Fotoalbum, eine Lupe und mein Höckerchen. Seit nunmehr über vierzig Jahre begleiten mich diese Gegenstände. Eine komische Auswahl, oder? Nein, eigentlich nicht, denn alle diese Gegenstände stehen für das „glückliche“ Kind in mir. Mein Großvater war vor dem Krieg gelernter Schuhmacher und nebenbei Uhrmacher. Nach dem Krieg war er Kanalarbeiter, aber in seiner Freizeit hat er für die Nachbarschaft immer noch Schuhe hergestellt, besohlt und Uhren repariert. Ich weiß nicht, wie viele Stunden ich als kleines Kind mit ihm in seiner Werkstatt im Keller verbracht habe. Er hat mir viel beigebracht und er hat mir beim Arbeiten so manche  Geschichten aus seinem Leben erzählt. Auch zu den Fotos im uralten Fotoalbum. Seine Geschichte und die seiner Familie. Und auf dem Höckerchen stand ich morgens neben ihm beim Frühstücken, bevor er zur Arbeit ging. Das sind wohlige Erinnerungen. Es gibt auch andere, mächtig dunklere Bilder. Doch die wohligen, die waren und sind eine unglaubliche Ressource.

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