10.5.15

Man muss mutig sein, wenn man der/die sein will, der/die man ist. 

"Das ist eigentlich das Schrecklichste, was ich später aus diesem Leben mitnehmen werde: Dass es dafür immer noch und schon wieder Mut! braucht."

"Frau Müller, da Sie ja nicht vorhaben uns in den nächsten Tagen zu verlassen, könnten Sie doch etwas hoffnungsvoller klingen!"

"Ja, könnte ich. Doch wenn ich mich so umschaue und mich an das letzte halbe Jahrhundert erinnere, dann, ja dann schwebt mein Optimismus zumindest nicht mehr so leicht wie ein Blumenflöckchen vor mir her. Und es betrifft ja mittlerweile wieder fast alle Lebensbereiche: Du bist anders! Du bist nicht wie wir! Du bist nicht so, wie wir dich haben und gebrauchen wollen! Du bist dies und das und jenes nicht und vor und in allem eben nicht richtig. Das greift doch weltweit wieder um sich wie ein viraler Infekt. Und alle Schubladen verwischen sich an diesem Punkte und bilden eine gemeinsame Lade, egal ob links, rechts, oben, unten. In diesem Punkte sind sie sich einig: Du, genau du, passt nicht rein in unsere hübsch kuschelige Kommode."

„Aber, aber, Frau Müller, es gibt doch auch andere Strömungen und viele, viele Menschen weltweit, die die Schubladereien hinter sich gelassen haben!“

„Ja, die gibt es. Aber, sie wandern auf dünnem Eis und sind bisher nicht in der Tiefe der Gesellschaften verwurzelt. Das sind so zarte Pflänzchen. So zerbrechlich und fragil. Halten sie die kommenden Stürme von Gewalt und giergeifernder Zerstörungswut denn stand?“

„Ach, das klingt mir viel zu negativ, Frau Müller.“


„Soll es aber eigentlich nicht. Nur realistischer als noch vor Jahren. Und die Schlussfolgerung ist ja auch nicht aufzugeben, sondern gemeinsam noch intensiver mit Herzblut zu düngen und zu gießen, auf dass aus den kleinen Pflänzchen starke und wehrhafte Pflanzen werden.“


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