VatertagsGedanken: Als ich so um die neunzehn war, änderte
sich die Volljährigkeit auf 18 Jahre und das Jugendamt teilte mir höchst unsensibel
beiläufig mit, dass mein Vater in der DDR lebe und seit meiner Geburt regelmäßig
Unterhalt ans Amt überwiesen habe. Von Seiten meiner Familie hatte ich bis dato
nur schwammige Auskünfte alá „Den gibt es nicht, und überhaupt, lass die
Fragerei.“ Der nicht vorhandene Vater war von klein auf für mich die
Projektionsfläche all meiner kindlich verquerten Sehnsüchte und sporadischen Errettungsphantasien
gewesen. Jetzt gab es ihn auf einmal wirklich. Als Reaktion auf diese neuen
Informationen habe ich meine Mutter und meinen Großvater erstmal schreiend rund
gemacht und bin nach Italien abgehauen. Von dort aus habe ich die aktuelle
Adresse meines Vaters herausgefunden und ihm geschrieben. Was ein Akt. Und bin
dann zu ihm gefahren. Viele Gespräche mit ihm, meinen Großeltern dort, seiner
Frau, meinen sechs Halbgeschwistern. Alles liebe, freundliche Menschen. Das
Angebot dort zu bleiben nach reiflicher Überlegung mit folgendem Resümee abgelehnt:
Zeugung alleine macht noch keinen Vater und Blutsbande keine Familie und
Tochtergefühle kamen bei mir nicht mehr auf.
Heute: Der nicht anwesende Vater war prägend, ob ich will
oder nicht. Kein anderer Mann im begleitenden Familienverbund und auch nicht
der Erzeuger konnten dieses schwarze Loch jemals füllen.
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